Heft 
(1894) 81
Seite
402
Einzelbild herunterladen

Aas vorarmemsche Ueich von Dan.

Von

C. F. Lehmann.

(Nachdruck untersagt.^

Bei ihren auf die Begründung einer Weltherrschaft zu Ehren des Gottes Assur gerichteten Kriegszügen im westlichen Vorderafien haben die Asfhrer nirgends einen so energischen und nachhaltigen Widerstand gefunden, wie in dem Gebiet des heutigen Armenien. Dort läßt sich seit etwa der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts die Bildung eines Reiches verfolgen, das von den Asshrern mit dem Namen Urartu bezeichnet wird (dem Ararat des alten Testa­ments entsprechend), und dessen Centrum die Stadt Tuspa (griechisch Thospia), das heutige Van, gebildet hat.

Nachdem Salmanassar II. (860825) zuerst mit den Urartäern in Be­rührung gekommen war, erstarkte dieses Reich in glücklichen Kämpfen gegen dessen Nachfolger wie gegen die umwohnenden Völkerschaften so sehr, daß es an Ausdehnung dem assyrischen Reiche zum Mindesten gleichkam und ihm an Macht und innerer Festigung bei Weitem überlegen war. Erst durch Tiglat- pileser, den letzten König dieses Namens, den eigentlichen Schöpfer des neu- assyrischen Weltreiches, und seinen zweiten Nachfolger Sargon II. wurde eine Niederlage und Schwächung Urartu's herb ei geführt, die jedoch nicht zu einer- eigentlichen Unterwerfung geführt hat. Im siebenten Jahrhundert sehen wir den Assyrerkönig Asurbanabal mit den vorarmenischen Königen Rnsas III. und Sardur III. als mit gleichgestellten Bundesgenossen verhandeln, und erst in den Stürmen und Wirren der indogermanischen Einwanderung, die auch zum Untergange des assyrischen Reiches wesentlich beigetragen haben, geht dieses vorarmenische Reich zu Grunde, während seine Bewohner ihr Volksthum noch lange unverfälscht bewahrten.

Erscheint es daher von historischem Interesse, über die Stammeszugehörig­keit und über die Nationalität dieses Volkes, das der Kriegsmacht Assur's so erfolgreich Trotz bot, ins Klare zu kommen, die Entwicklung des Staats­wesens, das Wachsthum seiner Macht zu verfolgen und über Cnltur, Sitten und Gebräuche der Urartäer eine Anschauung zu gewinnen, so dürften wir