Heft 
(1894) 81
Seite
477
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Literarische Notizen.

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Wilhelm Gentz, des unübertroffenen Orient­malers, ist eine der schönsten Zierden vorliegen­der Collection, die sich äußerst mannigfach zu­sammensetzt und die verschiedensten Lebenskreise umfaßt. Neben hohen Staatsbeamten und Excellenzen, wie H. von Friedberg, Carl Herzog, H. von Stephan und dem Admiral Eduard Knorr, finden wir den eminenten Tech­niker Werner von Siemens, den die Kunst und die Jagd liebenden Parlamentarier H. von Benda, den ausgezeichneten Chirurgen Ernst von Bergmann, den Generalarzt und seinen Kenner Italiens Franz Valentini, die Maler Ludwig Knaus, Ernst Koerner und Paul Meyerheim, den Radirer Max Klinger, die Bildhauer Karl Kundmann und Max Klein, aus der Musikwelt nur Einen, aber dieser Eine Joseph Joachim, von Dichtern und Schrift­stellern Theodor Fontane, Klaus Groth, Frie­drich Spielhagen u. m. A., den Verfasser der Kostümkunde, Hermann Weiß, und den um die Fortschritte der Photographie höchst verdienten Hermann Vogel. Außer den kurzen, aber recht genauen biographischen Notizen ist jedem Porträt ein facsimilirter Sinnspruch, in Vers oder Prosa, des Largestellten beigegeben, so daß Schrift- und Gesichtszüge einander gleich­sam ergänzen. Diese Bildergalerie bedeutender und erprobter Männer, mit dem Schatz von Lebensweisheit, der in ihren Aeußerungen niedergelegt ist, eignet sich in ihrer vorzüg­lichen Ausstattung ganz besonders zu Fest­geschenken, die nicht nur den Büchertisch zieren sollen, sondern zu wiederholter Betrachtung einladen.

Von Karthago nach Kairuan. Bilder aus dem orientalischen Abendlande von I. T. von Eckardt. Berlin, W. Hertz. 1894.

Wer je die erinnerungsreichen Stätten des alten Karthago besucht und es unternommen hat, sich in dem schönen weißen Tunis umzu­sehen und seine Umgebung zu durchschweifen, hat schmerzlich den Mangel eines Buches em­pfunden, welches ihm über Land, Leute und Verhältnisse zuverlässige Aufklärung gibt. Außer einigen veralteten Notizen deutscher Reisehandbücher und den sehr kurzen, nicht er­schöpfenden Angaben Murray's oder Joanne's fehlte es bisher an jedem handlichen und wirk­lich erschöpfenden Hülfsmittel für den Reisen­den, welcher nicht ganze Bibliotheken mit sich führen kann. Diese Lücken füllt das vorliegend e Merkchen glänzend aus. Und es thut sogar mehr, es entrollt Bilder, welche jedes für Poesie empfängliche Gemüth fesseln müssen. Wer Tunis nicht kennt, erhält bei der Lectüre dieser Seiten den lebhaften Wunsch, diesen wunderbaren Erdenfleck zu besuchen, auf den Trümmern Karthago's zu träumen und das Meer von der Höhe Nidi-Bu-Said's zu be­wundern. Es ist eine Dame, welcher die deutsche Literatur dieses feine Büchlein verdankt, eine an einen französischen Arzt verheirathete Tochter des als Schriftsteller so rühmlich be­kannten deutschen Generalkonsuls in Stockholm, von Eckardt. In langjährigem Aufenthalt hat sie Land und Leute kennen gelernt und

ihre Geschichte mit einer bei Damen seltenen Gründlichkeit studirt. Jede Zeile der Aufsätze: Die Stätten Karchago's"Kairuan" undEin Jahr beiden Ajaris" legt davon Zeugniß ab, wie die Leser derRundschau" wisse», in welcher diese Schilderungen zuerst ohne den Namen der Ver­fasserin erschienen sind. Noch mehr aber als das historische und geographische Wissen der Ver­fasserin verleiht ihren Skizzen Reiz ihre Be­herrschung der arabischen Sprache, ihre Ver­trautheit mit den Sitten und Bräuchen des Landes. In orientalischen Ländern, wo eine so unendlich zähe Tradition das Leben beherrscht, steht man ohne solche Kenntnisse den meisten Erscheinungen rathlos gegenüber. Und gerade der Umstand, daß die Verfasserin in diesem Felde so genau Bescheid weiß, gibt ihrer Schrift einen bleibenden Werth. Studien wie die oben genannten, wiePilgerleben",Herr Hamda der Apotheker",Heiligthum" wird Keiner, der sie gelesen, sobald vergessen. Der Zauber einer fremdartigen Welt schwebt über ihnen; aber die Menschen, die wir auf dem Hintergründe dieser großartigen, ebenso schönen wie schwermüthigen Natur kennen lernen, treten uns sympatisch näher in der liebevollen, von feinem Humor getragenen Darstellung der Verfasserin, die wir zu diesem ersten Schritt in die Literatur aufrichtig beglück­wünschen.

7r. Bilder aus der ägyptischen Geschichte.

Leipzig, Dürr'schs Buchhandlung. 1893.

Wir sind in der Lage, als Verfasserin des vorliegenden Büchleins Marie Gräfin Witzleben, geb. Prinzeß Reuß j. L., nennen zu können. Das Schriftchen gibt Reiseeindrücke wieder und schließt eine faßliche Uebersicht der Errungen- fchasten moderner Aegyptologie an. Besondere Sorgfalt hat die Verfasserin aus die Berührungs­punkte der ägyptischen und biblischen Geschichte verwandt, und mit frommem Eifer spürt sie allen hieroglyphischen Aufzeichnungen nach, dis mit der alttestamentlichen Tradition überein­stimmen. Die Darstellung ist leicht und an­genehm und wird nicht durch gelehrte Exeurse unterbrochen. Der Ertrag des Buches ist für einen wohlthätigen Zweck bestimmt, lz Dichtergrüße aus dem Osten. Ja­panische Dichtungen, übertragen von

Prosefsor vr. K. Florenz in Tokio.

Leipzig, C. F. Amelang.

Zu derselben Zeit, wo unser Aller Blicke den kriegerischen Ruhmesthaten der tapferen japanischen Nation mit begründetem Antheil folgen, flattert uns von dort zum redenden Beweife, daß im Reiche der Kubo-Dynastie unter dem Waffenlärm die Kulturarbeit keines­wegs stockt ein allerliebstes Büchlein zu, das durch seinen höchst werthvollen Inhalt ebenso sehr wie durch ein originell-künstlerisches Exterieur aller Anerkennung werth ist. Wir verdanken ersteren dem feinsinnigen literatur­kundigen Gelehrten Or. K. Florenz in Tokio, der uns in musterhaften Uebertragungen die Kenntniß vorzüglicher alt-japanischer Dichtun­gen vermittelt; letzteres der hochangesehenen Verlagshandlung von T. Hasegawa in Tokio. Der Text des unvergleichlich originellen Bandes