Sieges, und stieg, in der Freude darüber, in den zweiten Stock hinaus. Oben fand sie Reginen und erzählte ihr altes, was unten geschehen. „Kind, Kind, das thut nicht gut, das kann sie Dir nicht vergessen." Aber Grete war übermüthig geworden und sagte: „Sie fürchtet sich vor mir. Laß sehn; ich habe nun bessere Tage."
7. Jacob Minde's Tod.
Und wirklich, es war als ob Grete Recht behalten sollte. Weder des Umherirrens im Walde, noch des heftigen Streites, der den Tag beschlossen, wurde von Trud irgend noch erwähnt; allem Anscheine nach auch gegen Gigas nicht, der sonst kaum ermangelt haben würde, von dem graden Pfade des Rechts und von dem „Jrrpfad in der Wildniß" zu sprechen. Aber solche Predigt unterblieb, und die Sommermonate vergingen ruhiger, als irgend eine Zeit vorher. Aller Groll schien vergessen, und Grete, die nach Art leidenschaftlicher Naturen, eben so rasch zu gewinnen als zu reizen war, gewöhnte sich daran, in den Stunden, wo Gerdt außerhalb des Hauses seinen Geschäften nachging, in Trud's Schlafzimmer zu sitzen und ihr vorzuplaudern oder vorzulesen, was sie besonders liebte. Und wenn Regine den Kops schüttelte, sagte sie nur: „Du bist eifersüchtig und kannst sie nicht leiden.
Aber sie meint es gut, und es war auch nicht recht, daß wir in den Wald gingen."
So kam der Einsegnungstag, Ende September, und den Sonntag daraus war Abendmahl, an dem alle Mitglieder des Hauses theilnahmen. Alle zeigten sich in gehobener Stimmung, der alte Jakob Minde aber, trotzdem er nur mit Mühe den Kirchgang gemacht hatte, war mittheilsamer denn seit lange, plauderte viel von seiner Jugend und seinen: Alter, und sprach.auch abwechselnd und ohne Scheu von Gerdlls und von Gretens Mutter, als ob kein Unter- schied wäre. Trud und Gerdt sahen dabei einander an, und was in ihren Blicken sich ausgesprochen hatte, das sollte sich andren Tags bestätigen. Dem: in aller Frühe schon lief es durch die Stadt, daß der alte Rathsherr aus den Tod liege, und als um die sechste Stunde der Schein der niedergehenden Sonne drüben an den Häuserfronten glühte, bat er Reginen, daß sie die Vorhänge zurückschieben und die Kinder rufen solle. Und diese kamen und Grete nahm seine Hand und küßte sie. Gleich danach aber winkte der Alte seine Schwieger zu sich heran und sagte: „Ich lege sie Dir an's Herz, Trud. Erinnere Dich allezeit an die Mahnung des Propheten: plaß die Waisen Gnade bei Dir finden? Erinnere Dich daran und handle danach. Versprich es mir und vergiß nicht diese Stunde." Trud antwortete nicht, Grete aber warf sich auf die Kniee und schluchzte und betete, und ehe sie ihren Kopf wieder aufrichtete, war es still geworden in dem kleinen Raum.
An: dritten Tage danach stand der alte Minde hochausgebahrt in Sauet Stephan, der Taugermündischen Hauptkirche, die, nach Art mittelalterlicher Gotteshäuser, hart am Rande der Stadt gelegen war. Ans dein Altar brannten