Heft 
(1879) 26
Seite
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Grete lNinde.

sammt ihrern Gesinde, vom Außenhofe her wieder in die Stadt zogen. Und dazu klatschten eintönig die Ruderschläge des Fährboots, und nun lief cs auf, und Valtin und Grete sprangen ans Ufer.

Die Stadt gedachten sie soweit wie möglich zu meiden und nahmen ihren Weg an den Tangerwiesen hin, über die jetzt, mit ihnen zugleich, feuchte, weiße Nebel zogen. Die hohen Nachtkerzen ragten mit ihren Spitzen über die Nebelstreifen fort und mischten ihren Duft mit dein Dufte des Heues, das frisch - gemäht zu beiden Seiten des Weges lag. Sie sprachen nicht, und Valtin suchte nur den Fledermäusen zu wehren, die, von den: alten Kirchengemäuer her, neben und über ihnen flatterten. So kamen sie bis an das Wasscrthor und bogen in denselben Zirkelgang ein, auf dem sie gekommen waren, immer zwischen den Gärten und der Stadtmauer hin. Und nun hielten sie vor der Mindeschen Gartenpforte.

Gute Nacht, Valtin", sagte Grete ruhig und beinah gleichgültig. Als dieser aber ging ohne sich umzusehen, rief sie noch einmal seinen Namen. Und er wandte sich wieder und lief auf sie zu. Und sie umarmten sich und küßten sich.Vergiß, Valtin, was ich gesagt Hab'. Ich weiß, daß

Du Dich nicht fürchtest. Denn Tu liebst mich. Und die sich lieben, die fürchten sich nicht. Und nun noch Eines. Komin in einer halben Stund' in den Garten, in Euren, und wart' auf mich. Mir ist so wunderlich, und ich muß Dich noch sehen. Denn sieh, ich weiß es, es geschieht etwas; ich fühl' es ganz deutlich hier." Und dabei legte sie die Hand aus's Herz und zitterte.

Und er versprach es, und sie trennten sich.

zz. Flucht.

Die Pforte war nur angelehnt, und schon vom Garten aus ließ sich's erkennen, daß Trud inzwischen ins Haus zurückgekehrt sein müsse. Die Fenster- Vorhänge hingen noch herab und das rasch wechselnde Schattenspiel zeigte deutlich, daß ein Licht dahinter hin. und her getragen wurde. Grete stieg nun die Stufen hinauf, die von dem Garten in den Hof führten, drückte das Gitter ins Schloß und fühlte sich, über Flur und Treppe hin, bis an das Hinter­zimmer des oberen Stocks. Die Thüre stand noch offen, wohl der Schwüle halber, und Grete sah hinein. Was sie sah, war nur das Erwartete. Die Wiegen­decke lag zurückgeschlagen, und Trud, in allein Putz und Staat, den sie bei der Festlichkeit getragen, mühte sich in gebückter Stellung um das Kind, das still dalag, und nur dann und wann in Krämpfen zusammenzuckte. Ihre hohe Krause war zerdrückt, ihr Haar halb herabgefallen; ihren silbernen Hakengurtel aber, der ihr beim Aufnahmen und Niederlegen des Kindes hinderlich gewesen sein mochte, hatte sie von sich gethan und über das Fußbrettchen der Wiege gehängt. Und jetzt richtete sie sich auf und sah Greten vor sich stehen.

Ei, Grete. Schon da!" sagte sie bitter, aber ersichtlich noch mit ihrer inneren Erregung kämpfend.Wo warst Du?"

Fort."