Heft 
(1879) 26
Seite
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Grete Ninde.

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warm, hatten sich mit dm Knechten auf Bretter und Balken gesetzt, die hoch aufgeschichtet an einem Hollunderzaune lagm und sangen allerlei Lieder, Lustiges und Schelmisches, und neckten sich untereinander. Als sie aber des jungen Paares ansichtig wurden, brachen sie plötzlich ab und nahmen wie von selber die Weise wieder auf, die sie, eine Stunde vorher, bei Beider Kommen gesungen hatten:

Ach Tochter, herzlichste Tochter,

Allein sollst du nicht gehn,

Weck' auf deine jüngste Schwester Und laß sie mit dir gehn."

Ach Mutter, herzliebste Mutter,

Meine Schwester ist noch ein Kind,

Sie pflückt ja all' die Blumen,

Die im grünen Walde sind."

Baltin und Grete waren rascher zugeschritten und die letzten Worte des Liedes verklangen ihnen unklar und halbgehört. Aber die Weise traf noch ihr Ohr, als sie das Burgthor schon lang im Rücken hatten.

to. Zu Weihnachten.

Ich kann nun wieder leben", hatte Grete gesagt, und wirklich, das Leben wurd' ihr leichter seitdem. Ein beinah freudiger Trotz, dem sie sich, auch wenn sie gehorchte, hingeben konnte, half ihr iiber alle Kränkungen hinweg. Sie gehorchte ja nur noch, weil sie gehorchen wollte. Wollte sie nicht mehr, so konnte sie, wie sie zu Baltin gesagt hatte, jeden Tagdem Spiel ein Ende machen." Und wirklich, ein Spiel war es nur noch, oder sie wußll es doch in diesem Lichte zu sehen. Das gab ihr eine wunderbare Kraft, und wenn sie dann spät Abends in ihre Giebelstube Hinaufstieg, die sie, seit das Kind unten ans der ersten Pflege war, wieder mit Reginen bewohnte, so gelang es ihr mit dieser zu lachen und zu scherzen. Und wenn es dann hießaber nun schlafe, Grell," dann wickelte sie sich freilich in ihre Decken und schwieg, aber nur, um sich in Wachen Träumen eine Welt der Freiheit und des Glückes aufzubailen. Dabei sah sie sich am liebsten anr Bug oder Steuer eines Schiffes stehen, und der Seewind ging, und es war Nachtzeit und die Sterne funkelten. Und sie sah dann hinauf, und alles war groß und weit und frei. Und zuletzt überkam es sie wie Frieden inmitten aller Sehnsucht, ihr Trotz wurde Demuth, und an Stelle des bösen Engels, der ihren Tag beherrscht hatte,

saß nun ihr guter Engel an ihrem Bett. Und wenn sie dann andren Tags

erwachte und hinunter sah auf den Garten, und den Pfau auf seiner Stange

kreischen hörte, dann fragte sie sich:Bist Du noch Du selbst? Bist Du noch

unglücklich?" Und mitunter wußte sie's kaum. Aber freilich auch andere Tage kamen, wo sie's wußte, nur allzu gut, und wo weder ihr guter noch ihr böser Engel, weder ihre Demuth noch ihr Trotz sie vor einem immer bitterer und leidenschaftlicher aufgährenden Groll zu schützen wußte.

Nord und Süd. IX, L6.

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