§72
wheodor Fontane in Berlin.
Baltin antwortete nicht gleich. Endlich sagte er: „Ich mag nicht klagen, Grete, denn Dein eigen Herz ist voll. Aber das muß wahr sein, Emrentz ist wie vertauscht, und hat 'was gegen mich. Und erst seit Kurzem. Denn, wie Du weißt, ich hatt' es nicht gut und hatt' es nicht schlecht. So Hab' ich Dir oft gesagt und so war es. Aber seid ihr das Kleine habt, ist es anders. Und jeden Tag wird es schlimmer. Es ist ordentlich, als ob sie's der Trud nicht gönnte. Was meinst Dil?"
Grete schüttelte den Kopf. „Nein, das ist es nicht. Ich weiß aber, was es ist, und Trud ist wieder Schuld. Sie verredet Dich bei der Emrentz. Das ist es."
„Verredet mich? Ei, da laß doch hören," sagte Baltin.
„Ja, verredet Dich. Ich weiß es von der Regine. Die war in der
Hinterstub' oben und wiegte das Kind, als sie Beid' am Feilster saßen. Und
da hörte sie Dein Lob aus der Emrentz Mund und wie sie sagte: „Dil
sei'st ein guter Jung' und machtest ihr das Leben nicht schwer, was Du doch könntest, denn sie sei ja noch jung und Deine Stieß" Aber das mißfiel unsrer Trud, und sie nahm ihren spöttischen Ton an und fragte nur: ob sie
denn blind sei? Und ob sie nicht sah' wie Dir der Schalk im Nacken säße.
Du lachtest ja über sie."
Valtins Augen waren immer größer geworden, aber Grete sah es nicht und fuhr unverändert fort: „Und das glaube nur, Regine hört alles und
sieht alles. Und sie sah auch, wie sich Emrentz verfärbte, erst roth, und dann erdfahl im ganzen Gesicht. Und so bitterbös. Und dann hörte sie, wie sie der Trud znslüsterte: „Ich danke Dir Trud, und ich will nun ein Auge daraus haben."
„Also daher!" sagte Baltin. „Aber gilt, daß ich es weiß. Ich will sic zur! Rede stellen, Eure Trud, wem: ich ihr auf Flur oder Treppe begegne Mich verreden. Das ist schlecht."
„Und unwahr dazu."
Valtiu schwieg eine Weile. Dann nahm er Gretens Hand und sagte beinah kleinlaut: „Nein, unwahr eigentlich nicht. Es ist wahr, ich habe mich abgewandt, und Hab' auch gelacht. Aber ich that's nicht in Bösem und wollt' ihr nicht wehe thun. Und das weiß die Trud auch. Und sie weiß auch, daß ich der Emrentz nicht gram bin, nein, ganz lind gar nicht, und daß ich mich eigentlich freue, daß er sie gern hat, wenn ich auch so manchmal meine Gedanken darüber habe. Denn er ist ein andrer Mann worden, und unser Haus ist ein ander Haus worden als vordem; und das alles dank' ich ihr. Eine Stief ist freilich eine Stieß gewiß, das bleibt, und wenn ich da bin, ist es gut, und wenn ich nicht da bin, ist es noch besser; ich weiß es wohl, und es geht ihr nichts zu Herzen, wenn's nicht eine neue Mod' oder ein Putz oder eine Gasterei ist; aber eigentlich Hab' ich sie doch gern, und weißt Du, Gret', ich werde mit ihr sprechen und nicht mit der Trud. Ich bin jetzt achtzehn, und mit achtzehn, da darf man's. Und ich wette, sie nimmt's gut auf und giebt mir einen Kuß und ruft den