Heft 
(1879) 26
Seite
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ks. Lhrlich in Berlin.

spieler in ihm dem Componisten helfe, ist ein Jrrthum, den er zuletzt selbst ein- sehen muß; wenn er einmal weniger Concerte giebt, dann werden seine größeren Compositionen für Clavier weniger von dem reinen Concert-Satze enthalten, der nur durch seine kolossale Ausführung zur vollen Geltung gelangen kann, er wird dann dem rein Musikalischen unwillkürlich mehr Sorgfalt widmen; heute hört sein inneres Ohr beim Componiren zu viel von: Spiele des großen Rubin­stein; wenn es einmal nur die Stelle selbst vernimmt, wie die Feder sie eben niederschrieb, dann wird der Geist Manches ganz anders formen. Und hat er einmal begonnen, so wird er auch weiter gehen, und auch in den größeren Jnstrumentalwerken und den Opern eine strenge Controle seiner selbst üben. Und dann wird Rubinstein allgemein als der hochbegabte, bedeutende Componist anerkannt werden, als den ihn jetzt nur die Freunde kennen, die vom Einzel­nen auf das Ganze schließen, nicht umgekehrt, wie die Partei cs thut, die vom Ganzen gepackt sein muß, um dann alles Einzelne prüfnngslos anzunehmeu.

Ich möchte mir zum Schlüsse ein Gleichniß erlauben: Ein sehr

reicher Mann wunderte sich, daß sein Nachbar, der bei Weitem nicht so vermögend war, in den Augen vieler Leute für reicher galt, und mehr Credit genoß als er, zu allerhand Unternehmungen als Verwaltungsrath und Ver­trauensmann herangezogen ward, während er viele Höflichkeiten zu hören bekam, aber keine eigentliche Ehrenstellung erhielt. Ein Freund, bei dem er sich einmal über diese sonderbare Erscheinung beklagte, erklärte ihm, daß sie eiue ganz naturgemäße war: der Nachbar ging mit seinem kleineren Capitale

haushälterisch um, und wenn er sich zu größeren Ausgaben herbeiließ, daun wußte er es immer so anzustellen, daß die Leute darüber erstaunten und sie noch bedeutend höher anschlugen, als sie in der That waren; der reiche Mann aber zersplitterte sein großes Einkommen nach zu vielen Seiten, und wenn er auch nicht für Werthloses Geld ausgab, so verstand er doch nicht der großen Masse einen rechten Begriff von seinem Reichthum beizubringeu. Während der Nachbar sein Haus recht schmuck verzierte, eine recht zusammen­passende Einrichtung besäße, und sein Gärtchen recht ordentlich halte, imponirte des reichen Mannes Haus zwar durch die Ausdehnung des Grundstückes, durch den Glanz und den Werth einzelner Möbel, entbehrte jedoch des Einheitlichen; und im Garten ständen gar schöne Bäume und blühten seltene Blumen, aber nur die darin Wandelnden wüßten etwas davon, die Vorübergehenden sähen nur, daß die zierliche Ordnung des Anderen fehlte, und urtheilteu daher vorschnell über das Ganze. Wenn der Reiche die Meinung der Leute für sich gewinnen wolle, dann müsse er zuerst über sich selbst gewinnen, daß er dem Reize kleiner Ausgaben für kleine Genüsse widerstehe, eine nur kurze Zeit lang recht wirtschaftlich mit dem Gelde verfahre, dann aber eine große Aus­gabe für einen großen Zweck mache. Der Berathene befolgte den Rath; nach einem Jahre siel es ihm ein, sein Haus umzubauen, er errichtete einen großartigen, auf's Glänzendste eingerichteten Palast und bezahlte Alles baar kein Heller Schulden lastete ans seinem Besitzthum. Jetzt schrieen die Leute:der