Issue 
(1880) 40
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Paul kfeyse in München.

anderer Christenmensch seine Pflege haben, oder wie'n ehrlicher Dienstbote, der im Dienst krank geworden ist. Ja, so sagt' ich ho ho Minka! Nicht so wälzen! Sehen Sie, Herr, sie will sich immer wieder auf den Rücken legen und ihre Wunde scheuern darum hält kein Pflaster, und es frißt immer weiter um sich. Hoho! Sachte!"

Sie bemühte sich, indem sie das Thier förmlich umhalste, es zu beruhigen und in seiner Lage zu erhalten. Dann ließ sie es plötzlich los, lief zu einem hölzernen Brünnchen, das hinten am Haus im Schatten stand, und füllte aus dem alten Steintrog, in den die Quelle hinein rieselte, einen niedrigen Eimer, den sie ihrem Pflegling unter das rosenfarbene Maul schob. Da trank Minka in langen Zügen, und sichtbar ließ ihre fieberhafte Auf­regung nach. Die Alte saß daneben und sah mit großer Befriedigung zu, fchien auch darüber meine Gegenwart wieder ganz vergessen zu haben.

Ich wiederholte endlich meine Frage, was die böse Wunde, just zwischen den Schulterblättern, verursacht habe. Aber wieder blieb die Alte die Antwort schuldig; sie seufzte nur und kratzte sich mit ihren dürren Fingern die hageren Arme, daß lange, Weiße Striemen in der braunen Haut hervorlraten.

Ja ja!" sagte sie nach einer ganzen Weile vor sich hin,so ein armes Frauenzimmer! Was hilft Schönheit gegen das Unglück? Und wie sie gearbeitet hat, immer willig und munter, ich habe ihr auspacken können, so viel ich wollte sie soll noch zum ersten Mal nach mir ausschlagen oder nur die Ohren schütteln. Freilich, ich Hab' sie aufgezogen von ihrem zehnten Tage an. Ein Zwilling war's, der Förster im Freithof, der hatte eine Eselin, die warf ihm eines Morgens die Minka und ihre Schwester; wollt Ihr einen schmucken Säugling haben, Mutter Lamitz? sagte er nur so zum Spaß. Nu, ich hielt ihn beim Wort. Ich hatte gerade ein Geld zu fordern, für ein Stück Leinwand, das ich ihm gewebt. Da fehlten ein paar Gulden daran, und dafür nahm ich das junge Thier. Hatte meine Noth, es erst heimzuschaffen und dann aufzuziehen; die Milch war uns rar. Aber hernach hat's uns nie gereut. Eine feste Arbeiterin, die Minka, Herr! Wir haben viel aus dem Holz zu holen gehabt, Beeren und Schwammerlinge im Sommer auf den Markt unten, und dann unser Winterholz und was sonst noch vor­kommt. Ich> lieber Himmel ich spüre meine Knochen schon, ob ich auch erst fünfzig bin, und die Hana nu, die war noch zu schwach. Und sehen Sie, ein so treues Thier, ein Gottessegen, unser Ein und Alles und muß so niederträchtig schimpfirt und verelendet werden in seinen jungen Jahren oh!"

Alte", sagt' ich,da seht mich an! Ich bin auch noch jung und humple auch durch die Welt, und das Futter muß mir dicht vor den Mund gebracht werden, weil ich's mit eigener Kraft mir nicht mehr erwerben kann, und wer einen Thaler für meine Haut giebt, ist ein Narr und ein Ver­schwender. Aber wer weiß, ob wir Beide nicht noch einmal ganz lustig herumspringen!"