Die Lsei in.
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So schwatzte ich noch eine Weile fort, sie zn trösten. Aber sie hörte mich wieder nicht, sondern stierte nur immer auf die wunde Stelle, die sie inzwischen, da das Thier die Umschläge nicht mehr leiden wollte, mit einem festen Pflaster verklebt hatte.
„Sagen Sie einmal", fuhr sie Plötzlich auf und wieder funkelten ihre Augen — (ich sah, daß sie als junge Person gar nicht übel gewesen sein mußte) — „sagen Sie einmal, Herr, glauben Sie, daß auch die Esel in den Himmel kommen?"
Ich lachte.
„Wie kommt Ihr darauf, Mutter?"
„Ich habe einmal unseren Pfarrer danach gefragt, der hat gesagt, das sei eine dumme Frage, nur Christenmenschen kämen in den Himmel und die Thiere hätten keine unsterbliche Seelen. Aber Herr Pfarrer, sagt' ich, wenn der Herrgott gerecht und barmherzig ist, warum erbarmt er sich denn nicht auch des Viehs, wie's ja doch die Menschen thun, wenn sie keine Hundsfötter sind? Warum lebt zum Beispiel die Schwester von der Minka wie eine Prinzeß, hat nichts zu thun, als nur das Kinderwägelchen zu ziehen, in welchem die jungen Herrschaften manchmal spazieren fahren, kriegt immer gute Worte und das beste Futter und hat auch schon eine Liebschaft mit dem Esel des Thalmüllers gehabt. And unsere Minka, die keinen schlechteren Charakter hat und immer sich abgerackert und manchen Tag zehn Stunden mit ihrer Last aus den Beinen gewesen ist, — nun streckt sie alle Viere von sich, und wenn sie morgen das Zeitliche segnet, was hat sie von den Lebensfreuden gehabt? Ist das nun gerecht, Herr Pfarrer? Und wenn es ihr nicht einmal droben vergolten wird — aber da ließ er mich gar nicht ausreden und sagte, so Spintisiren führte geradewegs in die Hölle. Sagen Sie, Herr, wissen Sie mir darauf Bescheid zu geben?"
Ihr könnt denken, daß ich nicht die geistreichste Miene machte, als mir so unerwartet die Pistole auf die Brust gesetzt und die Lösung des Welt- räthsels abgefordert wurde. Zum Glück aber fing gerade in diesem Augenblick drinnen im Haus eine Helle Weiberstimme zu singen an, und dazwischen hörte man ein ganz dünnes Kinderstimmchen wimmern, das offenbar durch den Gesang zum Schweigen gebracht werden sollte.
„Wer singt da, Mutter Lamitz?" fragte ich.
„Wer soll singen", brummte sie, „als die Hana!"
„Eure Tochter? Darf ich wohl einmal zu ihr hineinschauen?"
Die Alte erwiderte kein Wort, sie nahm, vor sich hin murrend, den Eimer weg und trug ihn zum Brunnen, worauf sie einen Schubkarren, der mit Gras und Kräutern hoch beladen war, heranrollte und sich daran machte, händevoll dem kranken Thiere vorzuhalten und ihm das Futter fast in das Maul zu schieben. Ich wartete eine ausdrückliche Erlaubniß nicht lange ab, sondern trat in's Haus und, nachdem ich angeklopft hatte, sofort in die Thür zur Linken.