Issue 
(1880) 40
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Bernhard Schädel in Darmstadt.

und Ungezogenheit. Leider können sich diese volksthümlichen Triebe, in dem Druck des philisterhaften Aelternhauses nicht in voller Freiheit entwickeln, und es steht noch immer zu besorgen daß der Zopf die Oberhand behalten, und diese zur Freiheit und Vogelfreiheit berufenen Seelen, in den fchmälichen Grenzen der Ordnung und Zucht eingepfercht bleiben dürften. Die Schwiegermutter ist bei uns und grüßt und empfiehlt sich nebst den Kindern allerseits. Ich bin recht froh daß ich mich noch einmal bei Ihnen rasirt*) habe, wer weiß wie lang es noch augienge.

Ihr alter Freund

Schwind.

VII.

München, Oten Uug. 1848.

Liebster Freund Schaedl!

Heute ist also glücklich dem Herrn Reichsverwescr, abseitens aller Münchner Waffenträger gehuldigt. Jetzt gegen Abend machen sich auch die Biertrinker daran, ein Chor bei dem es keine Reluenten giebt, und so wäre bairischer Seits die Sache in Ordnung. Gebe der Himmel sein Gedeihen dazu mich erinnert die Verweser­schaft immer an die Geschichte von dem Jungen der jubelnd nach Hause kommt, weil erbeinahe" etwas bekommen hätte. Sehr zu danken haben wir Ihnen, daß Sie

uns so bald aus der . . . scheu Sorge herausgeholfen haben. So leid mir um den

guten Mann ist, so gönnt man doch einem kränkelnden eher sein Ende, als unserm in feinem Alter so frischen Freund Pistol. Ein Stück unseres Coloniallebens konnten

wir hier ans Herz drücken Hr. u. Fr. I. Man traf sich im Theater

und gieng den andern Tag zusammen in die Erzgießerei. So unvergleichlich grob der Manu ist, freute ich mich seines Anblicks doch als eines Fragments gar schöner Zeiten. Ich wollte es käme einmal jemand rechtes z. B- der Herr der die

vierstimmigen Sachen für die Companie geschrieben hat er singt einen sehr

sanften Tenor vielleicht wißen Sie wie er heißt er hat es auch halb und halb versprochen. Sonderbar würde jenem Freunde, eine ganz ruhige Stadt Vor­kommen, mit zwei Königen statt einem denen sie beiden die allertiefsten Complimeute macht. Er würde die Familie Schwind, die er zuletzt in einem sehr schönen Haus gekannt hat, finden in einem kleinen partsrr Häuschen, das unter ein Paar gewaltigen Linden, im Hintergrund eines Wiesen und Garten Grundes liegt, gerade groß genug um die verehrliche Familie aufzunehmen, und einen anspruchlosen Gast. Das Atellier an welchem erweitert und nachgeholfen wird übertrifft das Frankfurter, der Ankaufspreis, ist etwas größer als der des Frankfurter Bauplatzes! (Brienner- straße Nr. 36) als ein Haus weiter als jetzt. Außerdem möchte ich unfern Freund aufmerksam machen daß die Stadt München im Besitz einer Sängerin ist die aus mir alten Haushahn noch einen Theaterläufer machen wird. Es handelt sich nicht um Stimme undentschiedenen tiinxr" sondern ich bin so glücklich alle die schönen und tiefen Gefühle, wie in einer zweiten Jugend wieder zu erleben, wenn ich sie in diesem herrlichen Gesang vernehme. Und dieses Kleinod heirathet einen vertrackten Landrichter in irgend einer kleinen Stadt, und laßt uns mit Gefühlen und Ent­zückungen sitzen, und zwar nächstes Frühjahr. Wer also noch davon prositiren will der mache sich auf die Beine. Die ganze Oper ist in einem höchstglücklichen Zustand, der zu schön ist um aus die Länge ungestört zu bleiben. Lachner muß in Frankfurt sein oder diese Tage hinkommen, ich glaube man wünscht einen tsnora. Von Leo

höre ich gar nichts.Trotz aller Errungenschaften, sind wir in innmcmlibuZ

nicht viel gescheidter als vorher. Freund Speyer xor xarontosin, hat eine zeitge-

*) Schwind hatte die Servitut erworben, sich, auch wenn er nicht bei mir logirte, jedesmal am ersten Morgen seiner Ankunft bei mir zu rasiren,' und daran hielt er fest.