L'Adultera.
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und ich war mitunter eifersüchtig, weil Du klüger bist als ich, und das haben sie gern. Aber weshalb ich eigentlich schreibe! Riekchen war hier und hat es mir an's Herz gelegt, und so denk' ich, wir säumen keinen Augenblick länger und Du kommst morgen um die Mittagsstunde. Da werden sie hier sein und Riekchen auch. Aber wir haben nichts gesagt und sie sollen überrascht werden. Und ich bin glücklich, meine Hand zu so was Rührendem bieten zu können. Denn ich denke mir, Mutterliebe bleibt doch das schönste . . . Ach, meine liebe Melanie! .... Aber ich schweige, Gryczinskis drittes Wort ist ja, daß es im Leben darauf ankomme, seine Gefühle zu beherrschen. . . Ich weiß doch nicht, ob er Recht hat. Und nun lebe wohl. Immer Deine I. v. G.".
Melanie war nach Empfang dieser Zeilen in einer Aufregung, die sie weder verbergen konnte noch wollte. So fand sie Rubehn und gerieth in wirkliche Sorge, weil er aus Erfahrung wußte, daß solchen Ueberreizungen immer ein Rückschlag und solchen hochgespannten Erwartungen immer eine Enttäuschung zu folgen Pflegt. Er suchte sie zu zerstreuen und abzuziehen, und war endlich froh, als der andere Morgen da war.
Es war ein klarer Tag und eine milde Luft, und nur ein paar weiße Wölkchen schwammen oben im Blau. Melanie verließ das Haus noch vor der verabredeten Stunde, um ihren Weg nach der Alsenstraße hin anzutreten. Ach, wie wohl ihr diese Luft that! Und sie blieb öfters stehen, um sie begierig einzusaugen und sich an den stillen Bildern erwachenden Lebens und einer hier und da schon knospenden Natur zu freuen. Alle Hecken zeigten einen grünen Saum und an den geharkten Stellen, wo man das abgefallene Laub an die Seite gekehrt hatte, keimten bereits die grünen Blättchen des Gundermann und einmal war es ihr, als schüfst eine Schwalbe mit schrillem aber heiterem Ton an ihr vorüber. Und so passirte sie den Thiergarten in seiner ganzen Breite, bis sie zuletzt den kleinen, der Alsenstraße unmittelbar vorgelegenen Platz erreicht hatte, den sie den „kleinen Königsplatz" nennen. Hier setzte sie sich auf eine Bank und fächelte sich mit ihrem Tuch und hörte deutlich wie ihr das Herz schlug.
„In welche Wirrniß gerathen wir, sowie wir die Straße des Hergebrachten verlassen und abweichen von Regel und Gesetz. Es nutzt uns nichts, daß wir uns selber frei sprechen. Die Welt ist doch stärker als wir und besiegt uns schließlich in unserem eigenen Herzen. Ich glaubte recht zu thun, als ich ohne Blick und Abschied von meinen Kindern ging, ich wollte kein Rührspiel; entweder oder, dacht' ich. Und ich glaube noch, daß ich recht gedacht habe. Aber was hilft es mir? Was ist das Ende? Eine Mutter, die sich vor ihren Kindern fürchtet".
Dies Wort richtete sie wieder auf. Ein trotziger Stolz, der neben aller Weichheit in ihrer Natur lag, regte sich wieder und sie ging rasch aus das Gryczinski'sche Haus zu.
Die Portiersleute, Mann und Frau und zwei halbwachsene Töchter,