Heft 
(1880) 40
Seite
96
Einzelbild herunterladen

Lin Blick von der politischen Warte

von

MenemuF dem Jüngeren.

Darf ich mit der Tribunen und mit Deiner Lrlaubniß, liebes Volk, ein tvort noch sagen? Ls soll Luch weiter keinen Schaden bringen. Als etwas Zeitverlust.

Menenius Agrippa im Toriolan, Act III, Scene t.

in künftigen Zeiten deutsche Geschichte schreibt, wird ein interessantes Problem in der Frage finden, ob die eigentümlichen politischen Schicksale der deutschen Nation in ihrer Gesammtheit mehr aus der geographischen Lage Deutschlands oder mehr aus

dem deutschen Volkscharakter zu erklären seien. Fest steht, daß seit der Zeit, wo die Völker der christlichen Welt aus der Rohheit des Mittelalters sich emporzuarbeiten begannen, bereits die deutlichen Spuren des Verfalles am deutschen Reiche bemerkbar wurden. In jedem Jahrhundert mehrten sich die Factoren, welche in ihrer Gesammtheit die Höhe der Cultur unserer Tage vorbereiteten. Während aber die geistige Arbeit der abendländischen Nationen überall sonst zugleich eine Läuterung des Staatsbegriffes, die Züchtung der Völker zur modernen Staatenbilduug anregte und allmählich herbeiführte, ist eine ähnliche Wirkung aus das Deutschthum nicht erkennbar. Hier sah man im Gegentheil das hoffnungsvolle Staatengebilde, für welches einst die Hohenstaufen gerungen und geblutet hatten, in stetigen Verfall gerathen, und zuletzt zu einem traurigen Chaos verderben. In schweren Kämpfen mit stolzen und trotzigen Vasallen errichteten die Träger der Dynastien in Frankreich und auf den britischen Inseln den Einheitsstaat, während schon einige Menscheualter früher der undeutscheste unter den deutschen Kaisern über den Bestand des deutschen Reiches in der goldenen Bulle ein von dem