Issue 
(1880) 40
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117
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Ludwig Knaus-

Von

Max Jordan.

Berlin.

ie beiden größten Meister in der Malerzunft unserer Reichs­hauptstadt, Menzel und Knaus, sind wohl die kleinsten Männer in der zahlreichen Schaar der Genossen. Es ist merkwürdig, wie oft im geistigen Gebiete der Widerspruch zwischen der äußeren Erscheinung und der inneren Bedeutung aufsällt. Die Natur behält sich mit einer gewissen Laune die Mittel vor, durch welche sie uns das Ungewöhnliche kenntlich machen will. Aber ein Blick in das Philosophen- Antlitz Menzels oder in die feinen, von scharf leuchtendem ernsten Auge beherrschten Züge des Seelenkündigers, dem diese Zeilen zu huldigen wagen, bringt sofort zur Empfindung, mit welchen geistigen Gewalten wir es zu thun haben.

Keinem von Beiden könnte irgend ein preisendes Wort, wer es auch immer ausspräche, Etwas Hinzuthun zu den Ehren, deren sie genießen. Im Ansehn, in der Bewunderung der Nation, für die sie thätig sind, stehen sie aus so hoher Stufe, daß ihnen nur das Bewußtsein, trotz aller Verschieden­heit neben einander zu gehen, das Gefühl einer gewissen Vereinsamung fernhält.

Zwei Wege giebt es, aus denen die Kunst den Widerspruch von Ideal und Wirklichkeit ausgleichen kann: der eine führt sie zu Gestaltungen reiner Erhabenheit, in denen die Idee ohne Rest in ewig gütige Erscheinung tritt, der andere leitet sie ins Herz der Dinge und offenbart ihr dort in stillen: Schauen ungeahnte Wunder. Jenes war das Streben der großen Historienmaler, die am Beginn unseres Jahrhunderts wie die Geistesbrüder der Philosophen und Dichter, die ihnen vorangegangen, der unvollkommenen und dürftigen Erscheinungswelt eine vollkommene entgegenzusetzen mit allen