Issue 
(1880) 40
Page
119
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

Ludwig Knaus.

U9

Aber die Kunst d. h. die meisterhafte handwerkliche Bezwingung des Gegenstandes ist es doch, die ihnen eine so weite Wirkungsfähigkeit verschafft, daß Knaus als der erste moderne Maler seines Faches dasteht, der Weltruf erworben hat. Es war sehr lehrreich, das Verhalten des Publikums und

besonders der Franzosen vor den Gemälden des deutschen Knnstsalons der

Pariser Weltausstellung zu beobachten. Bei weitem den stärksten Eindruck machten von all den dort vereinigten Producten die Kiuder-Darstellungen, und Knaus als der bedeutendste Vertreter dieses Genres erregte wieder,, wie vor Jahren, da ihm zwei Mal die Ehrenmedaille in Paris zu Theil geworden, die lauteste Bewunderung. Er auch war fast der einzige, dessen Richtung und Individualität von der französischen Kritik nicht aus der Nach­bildung älterer französischer Kunst erläutert wurde, wie es den meisten

unserer Künstler geschah, welche Gnade vor den Augen der Pariser fanden;

und das will umso mehr sagen, weil die Pariser unseren Meister halb als den Ihrigen betrachten.

Wenn ein Mann überhaupt zwei Vaterländer haben könnte sagt E. Bcrgerat in einem damals geschriebenen Essay so wäre Kuaus mit seiner geistigen Potenz Franzose, mit seinem Herzen Deutscher". Ein Fran­zose, der namentlich heute einen Deutschen reclamirt, spricht damit die höchste Anerkennung aus, über die er gebietet, und es ist schon deshalb der Mühe werth, den Sinn dieser Eloge zu prüfen.

Haben wir jahrhundertelang den Uebermuth der Franzosen ertragen, so dürfen wir jetzt nach dem lustreinigenden Völkergewitter, das uns mit ihnen (nur in zu wörtlichem Sinne) auseinandergesetzt hat, um so gerechter gegen sie sein, und ihnen die Ehre lassen, daß eine Anzahl unserer geachtetsteu modernen Künstler in Paris die eigentlich fördernde Pflege gesunden haben. Voran Knaus. Das feinste Element seines künstlerischen Wesens verdankt er zum besten Theil dem Studium in Paris. Es begreift sich unschwer, daß in seiner ersten Jugendzeit, am Beginn der fünfziger Jahre, weder Düsseldorf noch München, noch sonst eine Kunststadt des Vaterlandes diesem eigenthümlich angelegten Naturell die rechte Nahrung bieten konnte. Ein so origineller Wahrheitsdrang scheiterte bei uns überall an dem Stubengeist und am Vorurthcile des Systems. Hatte das gute Alte Kampf genug und mit Recht gegen das schlechte Neue geführt, was Wunder, daß das gute Neue sich nicht gleich gegen das schlecht gewordene Alte durchzusetzen ver­mochte? In Paris aber hat künstlerische Eigenthümlichkeit zu allen Zeiten eine Freistätte gesunden. Durch die lange Kunsttradition ist der ästhetische Sinn in einer Weise geschärft und geläutert, welche sich in der sensibelsten Empfänglichkeit äußert. Das öffentliche Leben der französischen Hauptstadt unterstützt diese Kunstfühlung überall, denn der Cultus des Luxus erzieht die Geister zu einer uns Deutschen schier unbegreiflichen Genußfähigkeit. Sie aber ist erforderlich, um die höchsten Eigenschaften des Kunstwerkes, wie es Knaus vorschwebte, auch schon im Keime zu verstehen.