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Mar Jordan in Berlin.
Dieses ermuthigende Gefühl, auf's Wort verstanden zu werden, beflügelte die entscheidenden Schritte des deutschen Malers in Paris, der sich als angehender Zwanziger Manns genug wußte, seine eigenen Wege zu gehen. Dazu kam aber die ebenso starke moralische Wirkung des Eindruckes, daß dort in der Kunst nur das gilt, was gekonnt ist. Die Einheit von Geist und Handwerk, die er in Deutschland nie gelernt hätte, machte er sich ,,im
fernen Himmelsstrich" vollkommen zu eigen, um nun — und das ist das
Wichtigste — das nationale Wesen seiner Kunstanschauung desto mehr zu Ehren zu bringen.
Wenn heute vielfach geeifert wird, unsere Künstler sollten nicht znm Studium in's Ausland gehen, damit sie ihre deutsche Ader nicht einbüßen, so widerspricht dies nicht blos den Ueberlieferungen unserer Bildung durchaus, sondern es schädigt auch den weltgeschichtlichen Beruf derselben; ganz abgesehen davon, daß es einen philiströsen Begriff vom Vaterländischen in der Kunst voraussetzt. Knaus ist das glänzendste Beispiel gegen diese Theorie. Eben weil er so hoch von seiner idealen Aufgabe dachte, wie der Deutsche soll, eben deshalb ging er nach Frankreich, wo er allein sich in den Besitz der Mittel setzen konnte, die aus dem Lallen eine fertige, verständliche, bezaubernde Sprache machen. Und diese Sprache benützte er, uns
die verborgenen Schönheiten der heimischen Volksseele zu zeigen.
Noch ein anderer Punkt will in diesem Zusammenhänge berührt sein. Wir Deutschen sind meist geneigt, in die Betrachtung und Beurtheilung künstlerischer Dinge einen falschen Begriff von Gesinnung hineinzutragen. Wir setzen dieselbe gern gleichbedeutend mit der Energie der Strebens- richtung und der Geschmacksanlage, oder mit dem Verhalten zum Gegenständlichen des Kunstbetriebes. Die Franzosen (will sagen die Bestgebildeten unter ihnen) kennen diesen Begriff nur in der Anwendung auf die sittliche Beziehung des Künstlers zu seinen: Werke. Derjenige Maler, derjenige Bildhauer ist ihnen gesinnungsvoll, in dessen Schaffen wirklich das Höchste und Beste seiner Natur aufgeht. Die Folge ist eine künstlerische Toleranz, die nur da versagt, wo Talentlosigkeit oder Phrase begegnet. Unbestritten freilich soll der Genialität das Recht sein, an eine einzige Wahrheit auch in der Kunst zu glauben, und die Erfahrung lehrt alle Tage — zumal bei uns in Deutschland — daß die genialsten Künstler in ihrem Urtheil leicht einseitig sind. Bei Knaus hat die freiere Kunstbildung allmählich die harten Ecken geglättet, die ihm in der Zeit des Kampfes und der Selbstzucht naturgemäß anhafteten, und auch dieser liebenswürdige Zug ist ohne Zweifel ein Product der Berührung seiner edlen Natur mit den Kunstelementen, die sich nirgends in so sublimirter Form zusammenfinden wie in Paris, das acht Jahre lang seine Heimath gewesen ist.
Nach der Rücksiedlung in's Vaterland war Knaus zeitweilig in seiner Vaterstadt Wiesbaden, vorübergehend in Berlin, meist in Düsseldorf ansässig, und in der rheinischen Kunststadt hat er wohl die fruchtbarste und ergebniß-