Heft 
(1880) 40
Seite
142
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Nord und Süd.

Der Verfasser ist an die Lösung seiner Aufgabe mit unverkennbarem Geschick hecangetreten und insbesondere der cultur- geschichtlichen Bedeutung Eobans ist er mehr als irgend einer seiner Vorgänger gerecht geworden. Er hat das volle Bild von dem reichen Geistesleben eines Mannes geliefert, der ein Decennium hindurch an der Spitze eines großen Humanistenbundes gestanden, für die wissenschaftliche, nationale und religiöse Wiedergeburt seines Vater­landes in weiten Kreisen gewirkt hat, der endlich unter meist kläglich zerrütteten Verhältnissen die von dem ganzen Jahr­hundert angestaunten metrischen Ueber- setzungen des Theokrit, der Ilias, des Ecclesiastes und der Psalmen schuf. Die Ausstattung des Buches ist vornehm.

Rabelais, Gavgantua und Pantagruel.

Aus dem Französischen von F. A.

Gclbcke. 2 Bände. 8. 495 und 428 S.

Leipzig, 1880, Bibliographisches Institut.

Gebunden.

Professor Gelbckc hat sich durch diese neue Uebertragung von Rabelais' unver­gänglichem Werke ein nicht geringes Ver­dienst erworben. Die erste deutsche Ge- sammtübersetzung desGargantua und Pantagruel", ist eine in ihrer Art unüber­troffene und besonders durch ihre An­merkungen überaus wcrthvvlle Arbeit. Sie sprach indessen durch den, wenn auch mit Ansicht und Gewandtheit dnrch- geführten archaisirenden Stil weniger an und ist übrigens längst aus dem Buch­handel verschwunden. (Sie erschien in den Jahren 18321839 in einem Umfange von etwa 2500 Seiten, wovon 1500 auf die Anmerkungen entfallen). Dies hat sich als eine Lücke fühlbar gemacht, weil nur Wenigen die Lectüre des Originals möglich ist; die veralteten Wort- und Satzformen an sich, dann aber auch die Kühnheit, womit Rabelais den Sprachschatz bis zu seiner untersten Hefe durchwühlt und die geniale Neubildung und Um­bildung von Wörtern bieten Schwierig­keiten, die nur durch speeielle Studien überwunden werden können. Professor Gelbcke in St. Petersburg, der an diese Arbeit eine lange Reihe von Jahren gewendet, ist uns bereits durch treffliche U bertragungen von SternesTristram Shandy" und von ShakespearesSonetten" bekannt. Seine neueste Arbeit verdient neben den Meisterwerken der Ucbersetzungs- kunst genannt zu werden, neben seinem Vorgänger Regis, neben Baudissins Nach­

dichtungen und neben Erirst Dohms , genialer Uebertragung der Fabeln Lafontaines. Er unternahm die Ueber- ! setzung des Rabelais erst in vorgerücktem ! Alter. Wir möchten das Buch auch nur j in den Händen gereifter Männer sehen, i dort wird es seine rechte Würdigung ^ finden; denn sein unerschöpflicher Humor ! kann nur zu voller Wirkung gelangen,

I wo man dem geistvollen Pfarrer von Mendon die rücksichtslosen Ausdrücke nicht als Verbrechen anrechnet. Daß Gelbcke diese nicht umschrieben oder gar weg­gelassen hat, sei ihm als ein besonderes Verdienst ungerechnet. Die Ausstattung der beiden Bände ist durchaus anständig.

Emil Palleske, Die Kunst des Vortrags. 8. LIV. u. 343 S. Stuttgart 1880. Karl Krabbe. 3.60

Inhalt: Jugendgeschichte meines

8t". Jugenderinnerungcn einer

Lunge. Die Phantasie. Ueber den Werth musikalischer Kunstübnngen. Sprachliche Kunstnbung. Vorlesen. Die Stimme. Die Aussprache. Von der Betonung. Rccitiren; Dcclamircn. Takt und Maß. Vortrag von lyrischen und epischen Dichtungen; Balladen. Vorlesen von Dramen. Lesen mit vertheilten Rollen. Die deutsche Bühne als Leseschule. Das Seminar als Leseschule. Römische und Reuter-Vorlesungen.

Man weiß, daß Emil Palleske zu den besten und erfolgreichsten Vorlesern der neueren Zeit gehört, auf dem besonde­ren Gebiete zu den berufensten Nachfolgern Ludwig Tiecks und Karl von Holteis. Sein Werk, dieKunst des Vortrags" gehört somit zu den Büchern, welche aus dem Leben heraus geschrieben sind. Die Erfahrungen, die der Verfasser während einer fast dreißigjährigen Ausübung seines Künstler- und Vorleserbcrufs gesammelt hat, sind hier in allgemein verständlicher Form ausgesprochen. Sein Bestreben war, die Hauptsachen, welche etwa in einem System der Vortragskunst abge­handelt werden mußten, in spielender Form so vorzutragen, daß dieses Buch zu der höheren Unterhaltungslectüre zu rech­nen ist. Er will vor Allem den Gegen­stand als einen Zweig der Aesthetik be­handelt sehen und sucht eben deshalb auch eine ästhetische Form für dieses Thema, damit der Leser nicht an dieser Form vermisse, was das Buch als Ausgabe der Vvrtragskunst predigt. Es ist für Jeden