Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1911) J. J. Rousseau
Entstehung
Seite
XXI
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XXI

Vorwort zur neuen Ausgabe.

hindert doch nicht, dass jedes französische Schmutz­Buch in ganz Deutschland eifrig gelesen. wird.. Und es ist eine Freude, Rousseau zu lesen. Besonders Den, der sich im neuen Reiche nicht sehr behaglich fühlt, weht es wie Heimathluft aus der Rousseau-Zeit an. Es mag ja sein, dass seitdem Manches besser ge­worden ist, aber Vieles ist auch recht abscheulich geworden, und spiritueller ist die Zeit sicher nicht geworden. Trotz nationaler Gesinnung und naturwissen­schaftlicher Bildung sind die Leute weder feiner, noch klüger geworden, und wenn auch damals manche Thorheiten herrschten, so widerwärtig wie der moderne Unsinn waren sie nicht, ganz abgesehen davon, dass der ekelhafteJetztzeit-Hochmuth noch nicht existirte. Die Musikfreunde sind so verständig, dass sie sich mehr und mehr wieder der alten Musik zuwenden, die Literaturfreunde aber erfreuen sich zum grössten Theile an ganz schrecklichem modernen Zeuge.

Ja, aber Rousseaus Charakter hatte doch arge Flecken!? Es kann einen schon von vorn herein ärgern, wenn irgend so ein Federfuchser sich hinstellt, auf den grossen Mann herabsehen will und sagt, ich danke Dir Gott, dass ich nicht bin wie Dieser da. Wäre das hochmüthige Moralisiren schon einem Gesunden gegen­über unziemlich, so ist es vollends unerträglich, wenn man weiss, dass die Schwächen Rousseaus direct mit seiner Krankhaftigkeit zusammenhängen. Das klar zu machen, ist ein Hauptzweck meines Buches.