Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1911) J. J. Rousseau
Entstehung
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Flucht nach Motiers.

den und ihr Verfasser soll, sobald er das Gebiet der Republik betritt, verhaftet werden. Am 19. Juni wurde das Urtheil, soweit.es die Bücher anging, ausgeführt. Dass der Rath dieses stürmische Verfahren, bei dem die gesetzlichen Formen gröblich verletzt wurden, beliebte, das hatte verschiedene Gründe. Choiseul scheint durch seinen Vertreter einen Druck ausgeübt zu haben, Voltaire und seine Freunde wühlten, die in Genf herrschenden Geschlechter fürchteten, Rousseau werde nach Genf kommen und das Haupt der Unzu­friedenen werden.

Rousseau hatte sich nach Yverdon(Ifferten) in der Waadt begeben, wo er bei alten Freunden eine herzliche Aufnahme fand. Bald wurde er auch von hier verjagt. Der Senat von Bern erliess einen Ausweisungs­befehl. Schon ehe dieser eintraf, hatte der Verfolgte das Berner Gebiet verlassen und sich nach der preussi­schen Grafschaft Neuenburg begeben. Hier bezog er zu Motiers im Val de Travers ein ihm von einer Freundin angebotenes Haus, nachdem er bei dem Statthalter um des Königs Schutz gebeten. Der Statthalter war Lord Keith, Marschall von Schottland, ein persönlicher Freund Friedrich des Zweiten. Er empfing Rousseau sehr gütig, verwendete sich für ihn bei dem Könige, und bald entstand zwischen Rousseau und dem alten Lord aufrichtige Freundschaft. Rousseau besuchteMilord­Marcechal wenigstens alle vierzehn Tage in dem Schlosse Colombier, er nannte ihn Vater, jener ihn Sohn. Es sind ziemlich viele Briefe Rousseaus an den Lord erhalten, aus allen spricht die zärtlichste Liebe,