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Judenproblem / von I. Breuer
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Verband der deutschen Juden" sein. Die jüdische Religion selber als Lehrinbegriff spielt bei diesen Organisationen im Grunde gar keine Rolle, weil sie sonst niemals den Anspruch erheben könnten, alle jüdischen Gemeinden und alle deutschen Juden in sich zu vereinigen. Um dieses ihnen vorschwebende Ziel überhaupt nur erstreben zu können, mußten sie die jüdische Religion als solche bewußt ausschalten, da die jüdische Re­ligion in Deutschland kein Moment der Einigung, sondern gerade im Gegenteil ein Moment äußerster Spaltung dar­stellt. Auch sie sind also reine Verwaltungsorganisationen. Sie wollen leistungsschwache Gemeinden unterstützen und eine Art Gesamtvertretung der deutschen Juden gegenüber den Behörden und gegenüber der nichtjüdischen Bevölkerung sein, berufen, bei gesetzgeberischen Maßnahmen, soweit sie die Juden als solche betreffen, gehört zu werden und An­griffe gegen das Judentum und die Juden geschlossen abzu­wehren. Ganz besonders haben sie es auf die Schaffung einer staatlichen Judenorganisation in Preußen abgesehen, und hier gerade ist der Punkt, wo sie immer wieder mit der Freien Vereinigung", dem Verband der Orthodoxen, zu­sammenprallen. Diese Vereinigung hat sich allerdings auf dem religiösen Bekenntnis aufgebaut und lehnt es daher ab, sich von einem religiös-neutralen Verband in jüdischen An­gelegenheiten mitvertreten zu lassen. Sie hält die Interessen des orthodoxen Judentums nur in den Händen solcher Männer für gesichert, die nicht nur Verwaltungstalente, sondern vor allem eine orthodox-jüdische Lebensführung haben, und sieht in der rein verwaltungsmäßigen Geschäfts­führung religiöser Angelegenheiten eine Herabsetzung der Würde der Religion und eine Gefahr für die Gewissens­freiheit ihrer Bekenner. Nur auf der Grundlage einer ein­heitlichen religiösen Lebensführung kann sich nach ihr eine einheitliche religiöse Gesamtorganisation ausbauen, wo diese aber nicht vorhanden sei, führe eine Gesamtorganisation, die des staatlichen Zwanges nicht entbehren könne, entweder zu unerträglichem Hader und Gewissenszwang oder zu völliger Verflachung der religiösen Energie. Gestützt auf diese Argu­mente hat dieFreie Vereinigung" bis jetzt die immer wieder­kehrenden, der preußischen Staatsregierung stets erneut vor­getragenen Bestrebungen der neutralen Verbände auf Schaf-

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