des zu, erwartenden Eindrucks auf die Antisemiten zu betrachten und in der Öffentlichkeit zu behandeln. Es war fast ein ähnlicher Zustand, wie wir ihn heute, im Kriege, tagtäglich erlebt haben: Jede Äußerung steht unter der freiwillig eigenen oder der zwangsweise behördlichen Zensur, für die die Rücksicht auf das feindliche Ausland oberster Maßstab ist. Schuld der Antisemiten war es somit, daß sich das Judentum allmählich mit einem richtigen Panzer umgeben hatte, der seine eigentlichen Formen bis zur Unkenntlichkeit entstellte. —
Die zionistische Theorie hat den Mut besessen, das Judentum aus diesem. Panzer herauszuschälen und jede weitere Beachtung des Antisemitismus geflissentlich beiseitezulafsen. Sie hat das Judenproblem aus der Sackgasse der Politik, in die es geraten war, befreit und der Wissenschaft zur weiteren Behandlung überantwortet. Damit aber nicht genug, hat sie selber den Versuch einer wissenschaftlichen Lösung des Problems unternommen und zugleich eine Organisation geschaffen, die die Judenverhältnisse entsprechend der von ihr gefundenen Lösung ordnen sollte. Doch kann von letzterem hier noch nicht weiter die Rede sein.-
Die zionistische Theorie fand die Tatsache der über den Erdkreis sich erstreckenden Judeneinheit vor. Diese Tatsache galt es zu erklären. Die innere Hohlheit der antisemitischen Rassentheorie wie der reinen Abwehrtheorie einer Religionsgemeinschaft lag offen zutage. Ein neuer Weg war einzuschlagen. —
Man kann im allgemeinen drei Arten von Menscheneinheiten unterscheiden: analytische Begriffs-
einh eiten, synthetische Organisations- eingeiten und historische Einheiten.
Unter analytischen Begriffs einheiten verstehe ich die auf dem Wege wissenschaftlicher Analyse erfolgende Feststellung des Vorhandenseins gemeinsamer Merkmale bei einer Gruppe von Menschen, vermöge deren diese Menschen gedanklich als Einheit, zusammengefaßt werden, ohne daß diese Einheit im Leben der also Geeinten irgendwie praktisch wird. Die Religionsgemeinschaft stellt eine solche analytische Begriffseinheit dar. Sie geht davon aus, daß die Juden eine gemeinsame religiöse Überzeugung
(3) Judenproblem.
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