wollen nicht auf Grund subjektiver Überzeugung anerkannt, sondern in treuer Unterordnung unter den Gottes Willen wollenden Nationalwillen gehorsam befolgt sein. Das Nationalgesetz, das einst den jüdischen Staat beherrschen sollte und wegen dessen Verletzung er zugrunde gegangen ist, beherrscht noch heute die jüdische Nation, denn nur um des Nationalgesetzes willen hat sie sich geweigert, trotz Verlustes von Staat und Land, unterzugehen. Nationalgesetz und Nation verdanken sich gegenseitig ihre Existenz. Nur eine Nation konnte das nicht auf der subjektiven Überzeugung einzelner, sondern auf der nationalen Anerkennung der Gesamtheit beruhende Nationalgesetz retten, und nur das Nationalgesetz konnte die über die Erde zerstreuten Einzelnen in nationaler Einheit Zusammenhalten. Wenn Nation die Gemeinsamkeit geschichtlichen Gewordenseins bedeutet, so ergibt sich diese Gemeinsamkeit bei einer seßhaften Nation schon durch den räumlichen Zusammenhang. Bei der jüdischen Nation in ihrer Zerstreuung über den Erdkreis konnte sie nur durch den von allen Zerstreuten als fortgeltend anerkannten nationalen Willen hergestellt werden, an dem sich der Wille aller fremden Staaten und Nationen rieb und brach. Jüdische Nationalgeschichte im Galuth ist die Geschichte des über allen Juden der Erde stehenden, Gottes Gesetz wollenden und alle Juden zum Gehorsam gegenüber Gottes Gesetz verpflichtenden Nationalwillens, die Geschichte seiner furchtbaren Kämpfe und Leiden, die Ge- schichte seiner fast unbegreiflichen Siege und Triumphe bis zum heutigen Tag.-
Die jüdische Nation ist trotz ihrer Zerstreuung in weit höherem Sinn Nation als alle anderen Nationen der Erde, soweit sie nicht des Nationalstaates teilhaftig geworden sind. Denn die staatlosen Nationen bilden nur eins geschichtliche Kultureinheit, die jüdische Nation ist aber nicht nur eine Kultureinheit, sondern auch eine Willenseinheit. Die jüdische Nation ist bis zum heutigen Tage Willenssubjekt geblieben. Sie tritt heute noch den einzelnen als Herrscherin gegenüber und verlangt den von der individuellen Überzeugung losgelösten Gehorsam der Tat. In der Absolutheit seines Geltungsanspruchs unterscheidet sich dieser Wille in nichts vom staatlichen Willen. Nur in seiner gänzlich unvoll-
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