liehen Erlebnis. Aber der Förster schüttelte nur den Kopf und meinte, sie müßten sich wohl geirrt haben, denn er habe noch niemals einen Dachs schreien gehört, es müsse wohl doch etwas anderes gewesen sein. Glaubte er wohl gar, die Jungen wollten ihn zum besten haben?
Und wieder ging es weiter, sie kamen durch viele Dörfer und durch manch eine Stadt. Da und dort rasteten sie in einem Forsthause. Doch niemand konnte ihre Beobachtung bestätigen. Schon glaubten sie selbst, sich geirrt zu haben, und begannen sich Vorwürfe zu machen, daß sie nicht genauer nachgeforscht hatten. Vielleicht war in jener Nacht tatsächlich ein Verbrechen geschehen? So beschlossen sie, die Polizei zu benachrichtigen, und fragten im nächsten Dorfe nach dem Polizeiposten.
Nein, einen Polizeiposten gäbe es hier nicht, meinte der Bürgermeister, da müßten sie schon bis zum Nachbardorf weiterfahren. Doch als sie auf seine Frage von dem nächtlichen Schrei am Königsgrab berichteten, riet der Bürgermeister ihnen, vorher noch einmal einen alten Forstmann zu befragen.
„Dort drüben“, sagte er, „in dem Haus mit den grünen Fensterläden, da wohnt ein alter Förster. Er wird nun auch bald achtzig und hat schon tolle Sachen erlebt. Vielleicht kann der auch raten.“
Wenige Minuten später standen die Jungen in der Stube des Försters, an deren Wänden neben Gehörnen und Geweihen allerleit ausgestopfte Vögel und manches andere Waldgetier zu sehen waren.
Aufmerksam lauschte der Alte der Erzählung Günters, der auch jetzt wieder den Wortführer machte, während Jürgen und Otto seinen Bericht ergänzten und seine Worte unterstrichen und bestätigten.
„Und in de Büx habt ihr euch nich scheten?“ fragte der Förster, als Günter sdiwieg, und die Fältchen um die Augen des Alten begannen ein lustiges Spiel. „Na, macht nichts", ließ er die Jungen nicht erst zu Wort kommen, „da habt ihr aber bannig Glück gehabt. Seht, ich bin nu all bald an die achtzig heran und habe viele, viele Nächte im Walde verbracht. Aber nur ein einziges Mal habe ich einen Dachs schreien hören. Und das stimmt, ganz kalt läuft es einem den Buckel herunter, wenn man ihn hört. Mir ging es auch nicht anders, und ich war damals immerhin schon ein Mann, der so mancherlei erlebt hatte. Und nur von einem einzigen anderen Kollegen — er ist nu auch all lange Jahre tot — weiß ich, daß er einmal einen Dachs hat schreien hören.“
Noch viele merkwürdige Dinge erzählte der Förster, und seine Zuhörer saßen ganz still und lauschten, und sie erfuhren, daß es auch in unserer Heimat noch viel zu erforschen gibt in Wald und Feld.
ULRICH KOMM
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