Tagen der Befund der Leichenbranduntersuchung zurückkam, mußte man mit Verwunderung lesen, daß es sich bei den Beisetzungen auf dem Teufelsberg durchweg um Kindergräber handele und um solche von jungen Frauen!—Was war hier geschehen? Eine Epidemie unter den Kindern? Aber woher dann die Leichenbrandreste der jungen Frauen? Ein „bethlehemi- tischer“ Kindermord, bei dem man nicht nur den lebenden Nachwuchs, sondern durch Tötung der jungen Frauen auch gleichzeitig noch die zukünftige „Brut“ des besiegten und unterworfenen Stammes vernichtete? — Die Menschheit hat grausame Methoden im Kampf um die Existenz oder um die Herrschaft.
Man weiß nicht, was hier geschah. Aber die Überlebenden haben ihren geliebten Toten eine Ruhestätte bereitet, vor der wir bei ihrer Aufdeckung in Ergriffenheit, in Andacht und Ehrfurcht standen, und die uns den Teufelsberg in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ.
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Die Schicksale der Völker sind ein Auf und Ab. Auch die der Landschaften sind in ihrer Besiedlung oft dem Wechsel unterworfen. Hinein fließt daneben dann auch wohl der Wandel im Glauben, in der Weltanschauung. All das hat unser Teufelsberg erfahren müssen. Vom germanischen Götterglauben kamen die Bewohner unserer Heimat über die Verehrung des dreiköpfigen Triglav der Slawen zum Christentum. Was einst in der alten Religion Stätte der Andacht und Verehrung war, wurde in der neuen eine der Furcht und des Grauens. Was man einst aufsuchte, mied man jetzt. Wo einst der Göttervater durch die Lüfte brauste, tat es nun der leibhaftige Satan, der den Menschen Angst und Schrecken einjagte und die Kinder noch im Bette zittern ließ.
Jeder Glaubenswandel lehrt die Menschen, heute das zu verdammen, was sie gestern verehrten. Der Teufelsberg hat uns dies und auch das Gesetz der ewigen Wandlung anschaulich gemacht. Er ist uns darüber hinaus auch ein Beweis für das geworden, was uns unser alter Lehrer damals sagte, was wir allerdings erst später faßten: „Einen Teufel gibt es nicht“. Die Menschen erfänden sich selbst für ihre Zwecke solche irrealen Gestalten, und man könne ohne Angst vor Spuk und „Huckauf“ leben. Und letztlich ist die Geschichte des Teufelsberges ein Beweis dafür, wie sehr sich das Forschen nach alten Dingen lohnt. Wie sehr das „Pürschen und Spüren“ zu beglücken vermag, neue Erkenntnisse schenkt und das Leben reicher macht.
a. H.
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