Heft 
(1955) 8
Seite
257
Einzelbild herunterladen

Die Saatkrähe bewohnt bei uns in großen Kolonien Feldgehölze, während sie im Steppengebiet die Straßenbäume, selbst in Großstädten mit starkem Verkehr, wie Odessa, oft mit mehreren Nestern dicht vor den Wohn­häusern bezieht.

Auch die Eulen, besonders die Schleiereule, sind Bewohner der Städte, in denen sie Kirchtürme bevorzugen, sowohl in Wittenberge wie auch in Perleberg. Während in den früheren Jahren an den Stadträndern das Steinkäuzchen, auch Totenvogel genannt, seinen RufKomm mit des Abends hören ließ, wurde es jetzt vom Waldkauz verdrängt, der in Scheunen, Schuppen und Ruinen schnell heimisch wurde und in Parks und Friedhöfen im zeitigen Frühjahr allnächtlich durch seine schaurigen Balz­rufeHuhu seine Anwesenheit verrät. Wo in von ihm bewohnten Wäl­dern Baumhöhlen fehlen, da hat man sein Gelege sogar am Fuße von Bäumen auf dem Erdboden gefunden.

Die Nachtschwalbe, auch Ziegenmelker genannt wegen ihres großen Schnabelrachens, konnte man des Abends öfter in früheren Jahren in den städtischen Anlagen von Wittenberge und in der Umgebung beobachten, wobei sie eigenartige schnurrende Balzlaute bei ihren Jagdflügen auf die großen Nachtfalter und -Schwärmer hören ließ. Sie ist kaum noch irgend­wo anzutreffen, während man sie früher sogar auf dem Perlebsrger Marktplatz jagenderweise bei ihren eleganten Flugspielen bewundern konnte. Sie nistet im Heidekraut auf dem Waldboden, und ihre beiden Jungen sind Nestflüchter. Leider wird sie nächtlicherweile oft Opfer der Blendlaternen von Autos und Lokomotiven, in deren Aschkästen öfter die toten Vögel gefunden werden.

Die Dohle bewohnt in großen Verbänden den Kirchturm in Perleberg, doch hier in Wittenberge ist sie nur in einzelnen Paaren Bewohnerin von unbenutzten Schornsteinen.

Die Elbe ist die Grenze des Verbreitungsgebietes der östlichen Nebelkrähe und der westlichen Rabenkrähe. Durch die häufige Kreuzung beider ent­stehen hier sehr variable Bastarde, die man im Winter in den Krähen­scharen leicht beobachten kann.

Der mächtigste unter den Rabenvögeln ist der Kolkrabe, auch Vogel Rank genannt. Er war einst in Norddeutschland stark vertreten, auch in unserer Prignitz. Unsere Vorfahren, die Germanen, versetzten ihn in die Mytho­logie, indem sie ihn zum ständigen Begleiter des Gottvaters Wodan machten. Heute sieht man ihn nur noch sehr vereinzelt bei uns. Er zieht dann wohl gelegentlich zur Winterzeit über unsere Wälder dahin, und von oben ertönt der heisere Bellruf des einsamen Wanderers zu uns herunter.

Das Fortbestehen des Bestandes unserer weißen Störche und der Groß­trappen im nahen Friesacker Luch ist leider durch die endlosen Stark­stromleitungen sehr gefährdet.

257