Heft 
(1957) 4
Seite
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Dürfen wir bei Betrachtung der antiken Namen vielleicht nur von der Beliebtheit dieses oder jenes Namens reden, so sind für das späte Mittel- alter schon richtige Modenamen nachweisbar, und es ließ sich ein inter­nationaler Austausch von Vornamen beobachten. Wenn der deutsche Bauer sich dem Brauch, christliche Vornamen zu wählen, nicht verschloß, so war das weniger auf kirchliches Gebot zurückzuführen als vielmehr auf die zunehmende Verbreitung der Heiligenverehrung. Erleichtert wurde der Siegeszug der Fremdnamen durch ihre Eindeutschung und Vereinfachung. So wurde Matthäus (hebr.) ,Gabe Gottes* in deutschem Munde bald zu Matthias, Mattes, Matz, Hiesl; Joseph ,Gott mehrt* zu Josel, Jupp, Sepp; Joachim ,Jehova richtet auf* zu Jochen, Juch, niederdeutsch Achim, Chim; Johannes entwickelte sich zu Johann, Joans, John, Janz, Hannes, Hans u. a.

Wurde der Täufling nun in der Regel einem Schutzheiligen anvertraut, erhielt er den Namen Martinus (11. Nov.), Andreas (4. Febr., 30. Nov.), Antonius (13. Juni), Ägidius (1. Sept.), Barbara (4. Dez.) usw. Doch die alt­deutschen Namen verschwanden nicht gänzlich, wenigstens die männlichen nicht. Erst in neuester Zeit besinnt man sich wieder auf Wert und Wohl­klang der alten Frauennamen. Es ist bezeichnend, daß damals so gut wie heute die Mädchennamen in viel höherem Maße der Mode unterlagen als die Knabennamen, von denen die meisten zeitbeständig sind. Weitaus an der Spitze solcher unverwüstlichen Mänmernamen steht der altfränkische PN Karl, bei den Merowingern beliebt und heute gebräuchlich.

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Bei einer Namenzählung, die in Wien um 1900 vorgenommen wurde, mar­schierte auch Karl an der Spitze, bei den Mädchen waren es Marie und Anna. Karl bedeutet (freier) Mann, Marie die Widersetzliche, Anna Gnade.

Zum weiteren eisernen Bestand der Prigmitzer Männernamen gehören noch Otto, Erich, Ernst, Fritz, Willy, Heinz, Klatis, Hans, Walter u. a.

Im Zeitalter des Humanismus führten sich bei uns ein: Erasmus ,der Lie­benswürdige*, kurz Asmus, Leo, Claudius, Victor, Julius, Sabine ,die Sabi­nerin* u. a.

Eiine ungleich stärkere Wirkung auf die Namengebung hatte die Refor­mation. Der protestantische Norden bevorzugte alttestamentliche Namen, während er umbiblische Heiligennamem ablehnte. Bis ins 19. Jahrhundert hinein behaupteten sich Daniel ,mein Richter ist Gott*, David ,Liebling*, ,Ephraim ,der Fruchtbare*, Jonathan ,Gott hats gegeben*, Salome ,die Friedfertige*. Bis in die neueste Zeit hat sich allein Eva behauptet, daneben die Ableitung Eveline. Eva bedeutet ,Leben*.

Der seit dem frühen Mittelalter überaus beliebte Taufnahme Elisabeth (,welcher Gott schwur*) hat sich in vielen Abwandlungen als lebensfähig erwiesen: Elise, Elisa, Elsabe, Elsbeth, Lisbeth, Liesel, Lieschen, Liese, Elsa, Else, Elli, Lilli, Betti, Bettina, spanisch Isabella, ungar. Erszebet u. a.

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