Heft 
(1957) 4
Seite
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Im selben Zeitraum wurden 177 Mädchen auf den Namen Marie getauft, 84 hießen Minna, 82 Auguste, 50 Anna-Anne, 44 Friederike, 31 Wilhelmine, 21 Caroline, 9 Charlotte Lotte war schon unbeliebt, Amalie 2. Dieser letzte Name, bei Schiller inoch ein .Edelname, galt vor hundert Jahren in Rußland als typisch für eine deutsche Hausfrau, obgleich er schon damals veraltet war.

Bei der Übersicht über die Mädchennamen im 19. Jahrhundert fällt auf, daß die in früheren Zeiten so beliebte Catarina, desgleichen Elisabeth, Mar- greta und Dorothea nur eine bescheidene Rolle spielen.

Die meisten Täuflinge erhielten immer noch zwei Namen (nicht Doppel­namen); wobei der zweite Name gewöhnlich von der Taufpatin übertragen wurde: Anna Auguste, Catarina Sophia usw. Heute heißt man gern Anne­gret, Anneliese, Marielies usw.

Minna, Kurzform für Wilhelmine, gehörte seit etwa 1850 zu den meist- gewählten Mädchennamen, an der Schwelle des 19. Jahrhunderts aber schwindet ihr Zauber, denn zu oft hießen Hausfrau wie Stubenmädchen Minna.

Auch die hohe Zeit für Anna ist vorüber; im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts meldet sich Anna noch 25mal in Kyritz, 15mal im Putlitz, während Marie nur noch dreimal in Erscheinung tritt. Minna hat sich 12mal ins neue Jahrhundert hineingewagt.

Lassen wir die Grabsteine des Kyritzer Friedhofes zu Worte kommen, so erfahren wir, daß (bis 1900) von fast 700 Inschriften 83 Anna zeigten, 70 Minna, je 62 Wilhelmine und Marie, 45 Emma, 20 Else und Elisabeth.

Uber die aus der Mode kommende Emma scherzte schon Chr. Morgenstern: Die Möwen sehen alle so aus, als ob sie Emma hießen.

Weiter verrät uns der Friedhof, daß etwa jeder 10. Grabstein einen Fritz aufweist, jeder 15. einen Otto, jeder 20. einen Willy oder Wilhelm.

Das neue Zeitalter, unser Jahrhundert also, hat, wie es scheint, eine neue Geschmacksrichtung in der Namengebung mit sich gebracht. Man meidet abgenutzte, gewöhnliche PN und' bevorzugt seltener gebrauchte deutsch­stämmige Namen wie z. B. Erich, Ernst, Gerhard, Walter, Wolfgang, oder Erna, Erika, Herta, Irmgard, Hildegard.

Nach dem Ersten Weltkriege wird die Auswahl altdeutscher Namen reicher, und in den 30er Jahren setzt sodann, getragen von einer pseudonationalen Welle, die Suche ein nach betont germanischen Vornamen. Es läßt sich die alte Vorliebe für Kurznahmen beobachten: Bernd, Gerd, Lutz (Ludwig), Max (Maximilian),Rolf (Rudolf), Wolf, Ulf, Heinz (Heinrich), oder Else, Ilse, Hilde, Inge(-borg), Dora, Rita (Margarita). Taufnahmen werden zu be­quemen Rufnahmen vereinfacht.

Anderseits ist schon seit den 20er Jahren eine ausgeprägte Vorliebe für Kombinationen aus zwei PN zu verzeichnen, und solche Doppelnamen

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