Heft 
(1955) 9
Seite
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Und am 18. April 1944 erlebte auch unser Städtchen seinen Luftangriff. Gerade um die Mittagszeit kreuzten Bombergeschwader über unserem Heimatkreis, und dann war es mit einemmal geschehen! Der Bomben­teppich, der gelegt wurde, befand sich fast ausschließlich nördlich der Bahn, im sogenannten Badviertel. Es traten Verluste an Menschenleben ein. In dem Keller des 'Altersheimes, in dem die Altersinsassen dicht ge­drängt saßen, schlug ein großer kombinierter Brandkanister ein, und elf der armen alten Menschen wurden ein Opfer dieses brutalen Angriffs. Der im Kurgarten gelegene wunderhübsche Kursaal erhielt zwei Volltreffer und war nicht mehr. Es war ein Glücksfall, daß sich in dieser Zeit kein Mensch im Saal befand. Insgesamt konnte man in unserem Badviertel 278 größere Bombentrichter zählen, und das Wäldchen am Birkengrund glich einer Mondlandschaft.

Am 15. Augsst 1946 wurde für unsere Sozialversicherten das nun den Namen Rheuma-Sanatorium tragende Genesungsheim wieder eröffnet. Es hatte schwer gehalten, aus dem zurückgebliebenen Chaos eine lebensfähige Behandlungsstätte für chronisch kranke Rheumatiker zu schaffen. Durch den unermüdlichen Fleiß und den Aufbauwillen aller Beteiligten, an ihrer Spitze die damalige SVA des Landes Brandenburg, wurde es trotz der vielen zeitbedingten Schwierigkeiten ermöglicht, eine ordnungsgemäße Kurbehandlung aufzunehmen.

Anfang 1948 wurde das inzwischen neu eingerichtete und renovierte Neue Kurhaus seiner Bestimmung übergeben, und Frau Staatssekretär Matern vom Ministerium für Gesundheitswesen ließ es sich nicht nehmen, das Kurhaus persönlich einzuweihen. Etwas später kam das damalige Park­haus, das vormalige Alte Kurhaus, dazu und unsere Kurhäuser in Bad Wilsnack wurden neu getauft. Das Neue Kurhaus heißt heute Puschkin- Kurhaus, das Parkhaus Klara-Zetkin-Heim und das Rheuma-Sanatorium Goethe-Haus. Und wiederum einige Jahre später wurde vom Rat der Stadt der Birkengrund, das ehemalige Schützenhaus, als viertes Gebäude der Rheumaheilstätte zugewiesen und in sie eingegliedert. So wurde ein lang­gehegter Wunsch des Verfassers, der 1931 als ärztlicher Leiter des Gene­sungsheims nach Wilsnack kam, Wirklichkeit, aus allen Kurhäusern Bad Wilsnacks durch Zusammenfassung eine einheitlich ausgerichtete Rheuma­heilstätte zu schaffen. Wir wollen es als symbolisch ansehen, daß das Goethe-Haus, das immer ein Sanatorium für Sozialversicherte war, der Grundstock unserer heutigen Rheumaheilstätte geworden ist.

Heute verfügt die Rheumaheilstätte Bad Wilsnack, einschließlich einer Reihe von Vertragsbetten in unserem Städtchen, über 292 Betten. Dazu kommen noch ambulante Kurpatienten. Zu ihrer Behandlung werden täglich etwa 150 Moorbäder benötigt, da im allgemeinen ein Moorbad nur jeden zweiten Tag genommen werden darf. Welch ein weiter Weg von

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