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Sonderheft 2, Zur Entstehungs und Wirkungsgeschichte Fontanescher Romane
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allerdings jemals Kammerherr gewesen wäre.» Der Irrtum Rosenfelds, der darin besteht, daß er «v. M.» als «von Maltzahn» liest und nicht als «von Meyerinck» (wie der Originalbrief im Weimarer Goethe- und Schiller- Archiv ausweist), ist irrelevant; denn die Lebensgeschichte des Freiherrn von Maltzahn hat eine derart auffällige Ähnlichkeit mit der des Grafen Holk, daß man sie als eine weitere Quelle für den Roman annehmen muß, wenn nicht - was wahrscheinlicher ist - Fontane (oder schon Frau Brunne- mann) versehentlich oder absichtlich die Namen verwechselt hat. Im folgen­den teilen wir (etwas gekürzt) die biographische Skizze Karl Hans Friedrich von Maltzahns mit, wie sie Rosenfeld «aus einer im Druck befindlichen Familiengeschichte » a. a. O. zitiert hat:

«Karl (geb. 19. Dez. 1797) hatte braunes Haar und blaue Augen, war hübsch, groß von Gestalt, doch von etwas zarter Konstitution. Er war gut­mütig und liebenswürdig, konnte aber auch heftig werden ... In Berlin lernte er Karoline von Bilfinger kennen, die sich derartig in ihn verliebte, daß sie schwer krank wurde und sich erst wieder erholte, als sie die Gewißheit er­hielt, daß ihre Neigung erwidert wurde. Die Hochzeit fand am 26. März 1819 in Berlin statt. Karoline (1799 geb.) war klein, doch eine liebliche Er­scheinung. Dabei war sie klug und verband einen praktischen Sinn mit Ener­gie und Liebenswürdigkeit, obgleich ihr Wesen manchmal der Schroffheit nicht entbehrte . . . (Von ausgeprägter Religiosität zeugen ihre Briefe.) Lei­der war sie kränklich und besonders leberleidend. 1842 geschah etwas Un­erwartetes. Karl hatte eine heftige Neigung zu Auguste von Dewitz (Hof­dame der Strelitzer Großherzogin) gefaßt und opferte dieser späten Leiden­schaft das Glück seiner Frau und Kinder. Die Frau willigte in die Scheidung ein und zog mit den Kindern nach Dresden. Karl hatte sich aber insofern verrechnet, als er in die Hände eines ebenso gefallsüchtigen wie ränkevollen Mädchens gefallen war, das gar nicht daran dachte, aus dem Spiel, das es mit dem schon alternden Mann getrieben, Ernst zu machen. Als Maltzahn endlich seine Täuschung erkannte, kam ihm die Besinnung zurück, und seine Reue war um so tiefer. Er blieb nach der Scheidung zunächst im vereinsamten Sommersdorf und beschloß, um dem Gerede aus dem Wege zu gehen, sich auf Reisen zu begeben ... Er war in Österreich-Ungarn, Italien, Frankreich, England. (Inzwischen verheiratete sich Auguste von Dewitz mit dem Stre­litzer Staatsminister Wilh. v. Bernstorff.) Durch den gemeinsamen Schmerz um den Tod ihrer Tochter Arianne kamen sich die geschiedenen Ehegatten wieder näher, söhnten sich völlig aus und wurden 1851 in der Matthäikirche zu Berlin von Büchsei nochmals getraut, worauf beide wieder vereint in Vollrathsruhe wohnten. Bald aber machte ihr Leiden raschere Fortschritte. . . So geschwächt, verfiel sie zuletzt einer Schwermut, der sie erlag. Sie wurde am 20. August 1855 tot mit geöffneten Adern im Garten zu Vollrathsruhe gefunden.»

Peter Goldammer