«Frau Jenny Treibei»
Erste Konzeptionen
Ohne Zweifel übernahm Fontane aus den Entwürfen zu « Allerlei Glück», die etwa 1877/78 niedergeschrieben worden waren, auch Motive und Figuren. Als ausdrücklichen Hinweis darauf darf man wohl die Notiz « Den Berliner Roman heraussuchen » werten, die sich auf dem Umschlag zum zwölften Kapitel des « Mathilde-Möhrung »-Manuskripts findet (das übrigens auf zahlreichen Rückseiten weitere konzeptionelle Entwürfe enthält, die um so wertvoller sind, als das Manuskript von « Frau Jenny Treibei» - früher im Märkischen Museum zu Berlin aufbewahrt - seit 1945 vermißt wird). Offenbar hat der Dichter den für «Allerlei Glück » vorgesehenen Kreis der « Sieben vor Theben » (« Alle diese bilden eine Kegelgesellschaft in Wilmersdorf oder Dahlem») in die um Willibald Schmidt gescharten «Sieben Waisen Griechenlands» verwandelt, und sicher hat dabei, zumindest in den ersten Überlegungen, das «Rütli» Pate gestanden, jener im Dezember 1852 gegründete Kreis, den Fontane als «Abzweigung des Tunnels» bezeichnete und der über 3 5 Jahre lang schlecht und recht zusammenhielt. Als unmittelbarer Reflex auf das Rütli darf wohl die in einer frühen Skizze zu «Frau Jenny Treibei» genannte «Versammlung der literar. Freunde» gelten: «der Goethe- und der Dante-Geheimrat oder Personen aus anderen Lebensstellungen. Im wesentlichen dreht sich das Gespräch aber über moderne Dichtung und Politik ...» Aufschlußreiche Parallelen ergeben sich nach ebenjenem Aufriß zwischen Professor Willibald Schmidt (den Fontane überdies mit zahlreichen autobiographischen Zügen ausgestattet hat) und dem Dr. Heinrich Brose («früher Apotheker»), einer der Hauptgestalten von «Allerlei Glück»: Brose wird beispielsweise in einem besonderen Abschnitt als passionierter Besucher des Zoologischen Gartens, Schmidt als «Tiergarten- Schwärmer » charakterisiert. Der genannte Entwurf findet sich auf den Rückseiten des « Mathilde-Möhring »-Manuskripts (S. 193/94) und bietet folgenden Text:
Frau Commerzienrätin oder
«Wo sich Herz zum Herzen findt»
1. Der alte Professor. Er ist Mitglied der anthropologischen Gesellschaft.
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