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Sonderheft 2, Zur Entstehungs und Wirkungsgeschichte Fontanescher Romane
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« Effi Briest»

Die Ardenne-Affäre bei Fontane und Spielhagen

Der Fall Ardenne, in der zeitgenössischen Presse vielfach erörtert, erregte erhebliches Aufsehen, und so nimmt es nicht wunder, daß gleichzeitig noch ein zweiter Schriftsteller den Stolf aufgriff: Friedrich Spielhagen in seinem Roman «Zum Zeitvertreib». Nicht zufällig erweisen sich Fontanes Briefe an den « Romancierkonfrater » Spielhagen in Sachen « Effi Briest» als unge­wöhnlich ergiebig. Da die Dokumente nur verstreut und zum Teil an schwer zugänglicher Stelle publiziert worden sind und die Briefe Spielhagens auch Hans Werner Seiffert nicht Vorgelegen zu haben scheinen, soll die Korre­spondenz im folgenden ausführlicher ausgewertet werden. (Spielhagens Briefe, 1933 versteigert, waren im April 1911 im Berliner Tageblatt von Paul Schlenther in redigierter Form mitgeteilt worden. Die Originale be­finden sich heute im Theodor-Fontane-Archiv der Deutschen Staatsbiblio­thek in Potsdam; den folgenden Zitaten liegen die Handschriften zugrunde.) Der Briefwechsel gibt wichtige Aufschlüsse über die Geschichte der Effi Briest und über Fontanes Beziehungen zu Spielhagen; vor allem aber ver­mittelt er entscheidende Aspekte über Fontanes Position als Zeitkritiker.

Fontane bedankte sich amu. Februar 1896 für «überaus freundliche Worte über ,Effi Briest ». Spielhagen antwortete am gleichen Tag: «Ich habe mei­ner Bewunderung für ,Effi Briest so oft und bei so verschiedenen Gelegen­heiten mündlich Ausdruck gegeben, und da haben es Ihnen eben die Winde zugetragen; denn daß ich mich bereits schriftlich über das Buch geäußert hätte, erinnere ich mich nicht. - In diesem Augenblicke liegt allerdings ein Essay druckfertig vor mir, den ich ,Die Wahlverwandschaften und Effi Briest betitelt habe. Es reizte mich, das Wie und Warum des Unterschie­des festzustellen zwischen einem Musterroman vom Anfang des Jahrhun­derts und einem von jetzt. Daß unser aller Meister bei dem Vergleich nicht überall gut wegkommt, ist nicht meine Schuld. Seine auch nicht: das ästhe­tische Niveau des Romans hat sich eben, dank der langen Übung, beträcht­lich gehoben. Und der Dichter von ,Effi Briest steht auf der Höhe dieses Niveaus. Da die Sache über kurz oder lang doch gedruckt wird, darf ich es ja auch wohl hier brieflich sagen.» Spielhagen bot sein «völlig leserliches

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