Heft 
(1891) 66
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Unwiederbringlich.

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hätte. Verzeihen Sie diese Wortspielerei, sie drängt sich mir aber auf, weil es so und nicht anders liegt, und ich muß es noch einmal sagen, er denkt nur an den Augenblick und nicht an das, was kommt. Jeglichem, was ihn daran er­innern könnte, geht er aus dem Wege. Seit wir unseren Estrid begruben, ist er noch nicht in der Gruft gewesen. So weiß er auch nicht, daß beinahe Alles einzustürzen droht. Und doch ist es so, und die neue Gruft muß gebaut werden. Muß, sag' ich, und wenn ich nicht alles Spitze und Verletzliche vermeiden möchte, so würd' ich ihm sagen, es handle sich gar nicht darum, den Reigen durch ihn eröffnet zu sehen, ich wolle es .

Schwarzkoppen wollte unterbrechen, aber Christine achtete dessen nicht und fuhr, ihre letzten Worte wiederholend, fort:Jch^wolle es; aber ich müsse darauf bestehen, meinerseits in eine Wohnung einzuziehen, die mir gefiele, nicht in eine, darin Alles zerbröckelt und zerfallen sei. . . Doch lassen wir Vermuthungen über das, was ich sagen oder nicht sagen würde; mir liegt für den Augenblick mehr daran, Ihnen eine auf meinen Bauplan bezügliche Aquarelle vorzulegen, die mir die Dobschütz in den letzten Tagen angefertigt hat. Natürlich aus meinen Wunsch; sie zeichnet so gut. Es ist eine offene Halle, gothisch, und die Steine, die den Fußboden bilden, decken zugleich die Gruft. Worauf ich aber das meiste Gewicht lege (die kleine Zeichnung läßt natürlich nur wenig davon erkennen), das ist der Bilderschmuck an Wand und Decke. Die Längswand mit einem Todtentanz, vielleicht unter Anlehnung an den in Lübeck, und in die Gewölbe­kappen Engel und Palmenzweige. Je schöner, desto besser. Und wenn wir erste Künstler nicht haben können, weil unsere Mittel dafür nicht ausreichen, so zweite und dritte; schließlich ist doch der Gedanke die Hauptsache. Liebe Julie, verzeih' daß ich Dich bemühe. Aber bring' uns das Blatt . ."

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Holk und Arne hatten inzwischen ihren Gang unter der Säulenhalle fort­gesetzt und Waren zuletzt aus einen Kiesweg zugeschritten, der in einer Schlängel­linie bis an die nächsten Stufen der zur See niedersteigenden Terrasse lief. An

eben dieser Stelle befand sich auch ein aus Cypressen und Lorbeer gebildetes

Bosquet, mit einer Marmorbank in Front, und hier setzten sich die beiden Schwäger, um ungestört ihre Cigarre rauchen zu können, was die Gräfin, wenn man unter der Halle saß, zwar nie verbot, aber auch nicht eigentlich gestattete. Das Gespräch Beider drehte sich sonderbarerweise noch immer um das Wunder von Thierarzt, Was ziemlich unerklärlich gewesen wäre, wenn nicht Holk, außer seiner Bauleidenschast, auch noch eine zweite Passion gehabt hätte: die für schönes Vieh. Er War kein großer Landwirth wie sein Schwager Arne, ja, Lhat sich Was damit, es nicht zu sein; aber auf sein Vieh hielt er doch, fast nach Art

eines Sportsman, und freute sich, es bewundert zu sehen und dabei von mirakel­

hasten Milcherträgen erzählen zu können. Aus diesem Grunde war ihm der neue Veterinärarzt eine wirklich wichtige Persönlichkeit und nur die homöopathische Heilmethode desselben ließ immer wieder einige Bedenken in ihm aufsteigen. Aber Arne schnitt diese Bedenken ab. Das sei ja gerade das Interessanteste an der Sache, daß der neue Doctor nicht bloß gute Kuren mache, das könnten Andere auch, sondern wie er sie mache und wodurch. Die ganze Geschichte bedeute