Issue 
(1891) 66
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Justus von Liebig.

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führte. An einer großen Universität oder an einem größern Orte wären meine Kräfte zerrissen und zersplittert und die Erreichung des Zieles, nach dem ach strebte, sehr viel schwieriger, vielleicht unmöglich geworden; aber in Gießen concentrirte sich Alles in der Arbeit, und diese war ein leidenschaftliches Genießen.

Das Bedürfniß eines Instituts, in welchem sich der Schüler in der chemischen Kunst unterrichten konnte, worunter ich die Vertrautheit mit den chemischen Operationen der Analyse und Gewandtheit in dem Gebrauche der Apparate ver­stehe. lag damals in der Luft, und so kam es denn, daß mit der Eröffnung meines Laboratoriums für den Unterricht in der analytischen Chemie und den chemischen Untersuchungsmethoden mir nach und nach Schüler von allen Seiten zuströmten.

Die größte Schwierigkeit hatte ich, als die Anzahl sich vermehrte, mit dem praktischen Unterricht selbst: um Viele aus einmal zu unterrichten, dazu gehörte ein geordneter Plan oder stufenweiser Weg. der erst ausgedacht und erprobt werden mußte. Die Anleitungen, welche mehrere meiner Schüler später publi- ,zirten (Fresenius und Will), enthalten im Wesentlichen den Gang, der in Gießen befolgt wurde, mit geringen Abweichungen; er ist jetzt beinahe in allen chemischen Laboratorien heimisch.

Die Darstellung von chemischen Präparaten war ein Gegenstand, dem ich ganz besondere Aufmerksamkeit znwandte; sie ist sehr viel wichtiger, als man ge­wöhnlich glaubt, und man wird häufiger Männer finden, die sehr gute Analysen machen können, als solche, welche im Stand sind, auf die zweckmäßigste Weise ein reines Präparat darzustellen. Die Darstellung eines Präparates ist eine Kunst und dabei eine qualitative Analyse, und es gibt gar keinen andern Weg, um sich mit den mannigfaltigen chemischen Eigenschaften eines Körpers bekannt zu machen, als wenn man denselben aus dem Rohmaterial zuerst darstellen und dann in seine zahlreichen Verbindungen überführen und diese damit kennen lernt. Durch die gewöhnliche Analyse erfährt man nicht, welch' ein wichtiges Scheidungs­mittel in ihrer geschickten Handhabung die Kristallisation ist, ebenso wenig den Werth der Bekanntschaft mit den Eigenthümlichkeiten verschiedenartiger Lösungs­mittel. Man denke sich nur einen Pflanzen oder Fleisch-Extrakt, der ein halb Dutzend krystallinischer Körper in sehr geringer Menge, eingebettet in schmierige Materie, enthält, welche die Eigenschaften der anderen beinahe ganz verhüllt, und man soll nun in diesem Magma durch chemische Reactionen die Eigenthüm­lichkeiten jedes einzelnen Körpers in der gemengten Masse kennen und unter­scheiden lernen wollen was Zersetzungsproduct ist und was nicht, um sie nach­her mit Mitteln, welche keinen zersetzenden Einfluß ausüben, scheiden zu können. Von der großen Schwierigkeit, den rechten Weg in solchen Untersuchungen zu finden, gibt die Analyse der Galle von Berzelius ein Beispiel ab; von all' den zahlreichen Stoffen, die er als Bestandtheil derselben beschrieben hat, ist eigentlich keiner in der natürlichen Galle enthalten gewesen.

Eine außerordentlich kurze Zeit hatte den berühmten Schülern des schwe­dischen Meisters genügt, der Mineral-Analyse, welche auf der genauen Kenntniß der Eigenschaften der unorganischen Körper beruht, einen bewundernswürdigen Grad von Vollkommenheit zu geben, ihre Verbindungen und ihr gegenseitiges Verhalten wurden durch die schwedische Schule mit einer bis dahin ganz un­gewöhnlichen und jetzt noch unübertroffenen Schärfe nach allen Richtungen