John Henry Newman.
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An- alle Uebertreibungen und weltlichen Auswüchse des Systems erwachten, die ihm
nicht in der Seele zuwider waren. Er selbst aber sagte sich: „wie konnte ich hoffen,
!mus meine Freunde jemals von der Richtigkeit meiner zweiten Theologie zu überaus zeugen, nachdem ich sie mit meiner ersten so in die Irre geführt hatte? Mußte
lesZ es sich nicht klar für sie erweisen, daß Gewißheit überhaupt nirgends zu finden
sei.Vom anglikanischen Standpunkt aus gibt es nur zwei Alternativen:
der den Weg nach Rom und den Weg zum Atheismus. Der Anglicanismus ist die
Station auf der einen Hälfte des Wegs, wie der Liberalismus auf der andern, -scal. Wie Viele, ich wußte es, waren da, die mir nicht folgen, sondern den Anglicanismus
Mns für das liberale Lager verlassen sollten.Zu meiner eigenen Vertheidigung
>ohin konnte ich nur ein lahmes Argument aufstellen, eben doch das wahre, — dieses
Mn- nämlich, daß ich die Väter nicht aufmerksam genug gelesen, und zwar vornehm-
bten. lich deshalb, weil ich mich zu viel aus die Behauptungen von Leuten wie Usher,
)urch Jeremy Taylor oder Barrow verließ und durch sie getäuscht worden war.
iahr- Valent guantum — war Alles, was dazu gesagt werden konnte" H. Mehr und
rben, mehr bestärkte er sich in der Erkenntniß, daß er vor Allem für seine Seele ver-
Stu- antwortlich sei; den Gedanken eines Massenübertritts nach ganz verschiedenen
sein inneren Voraussetzungen verurtheilte seine Vernunft als eine Absurdität ^). Er
esün- beschloß, seinen eigenen Uebertritt von dem Resultat einer letzten Untersuchung
t — abhängig zu machen, und schrieb, im Lauf des Jahres 1844, den unvollendet
llung gebliebenen „ü^sa^ on tÜ6 Development ot Doetrine."
mber Das Priucip, welches dieser denkwürdigen Arbeit zu Grunde liegt, beschäf-
mehr tigte seinen Geist seit 1832, wo er die Geschichte des Arianismus schrieb. Es
seine ist der Angelpunkt seiner theologischen Lehre, die Grundidee seiner Religions-
;esagt Philosophie. Insofern es überhaupt im Rahmen einer so kurzen Darstellung
wesen beleuchtet werden kann, soll das im nächsten Abschnitt geschehen. Nur des
- daß Zweckes sei hier gedacht, den Newman sich gesetzt hatte. Er wollte eine Er-
mmt, klärungfür die ihm klar gewordene Thatsache finden, daß, wenn auf religiösem
n ist, Gebiet auch die Principien unwandelbar dieselben bleiben, so doch die Doctrinen
Entwicklungs- und Expansivkraft besitzen, unter neuen Bedingungen, die mgen neues Licht über sie verbreiten, sich behaupten, sich erklären, moralische Conse-
ußer- quenzen, Gebräuche, Institutionen, Formen des Cultus ins Dasein rufen müssen.
Aus Ohne eine solche Fähigkeit der Entwicklung wäre auch die ursprüngliche Lehre.
;gtich, das Depositum üäei, nur eine todte Formel, keine lebendige, sortwirkende Macht,
znms, Indem er nun die einzelnen kirchlichen Lehrsätze an der Hand dieser Theo-
it der ne prüfte, gelangte er zu einer Art der Beantwortung seiner Fragen, die sich
;lische in Uebereinstimmung mit dem Princip dessen befand, was die große wissenschaft-
icität liche Errungenschaft des Jahrhunderts sein sollte.
rußte, Jahre bevor Darwin und Wallace diesen Begriff der biologischen Evo-
n, in lution wissenschaftlich erklärt und illustrirt hatten, bekundete Newman, durch
baren Anführung zahlreicher, der Biologie entlehnter Beispiele eine tiefe, überraschende
für Einsicht in die Gedankenwelt, welche die neuere, naturwissenschaftliche Forschung
. S. 205.
150 ff. S. 219.