Issue 
(1891) 66
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Deutsche Rundschau.

Conseilpräsidenten unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet zu sehen, zugleich mit den Franzosen den Sieg der Radikalen wünschten, betonten nach deren unleugbarer Nieder­lage, daß der Ersolg Crispi's im Hinblicke aus die ungünstigen Finanzverhältnisse des Landes wenig zu bedeuten habe, zumal die gesammte baute ünunee Europa's sich Von Italien zurückziehe. Letztere Ausstreuung wurde von competenter deutscher Seite unmittelbar auss schärfste als phantastische Erfindung bezeichnet: die zum An­stürme gegen den italienischen Conseilpräsidenten vereinigten Radikalen und Klerikalem denen Bonghi mit seiner kleinen Schar Hülssdienste leistete, sollten aber sogleich noch eine weitere herbe Enttäuschung erfahren. Hatten sie doch insbesondere daraus ge- -

rechnet, daß einer der hervorragendsten Abgeordneten der gemäßigten Partei, di Rudini, sich in eine oppositionelle Stellung gegenüber seinem sieilianischen Landsmanne Crispi drängen lassen würde. Diese Erwartung hatte sich nun bereits vor dem Beginne der parlamentarischen Arbeiten als völlig verfehlt erwiesen, nachdem der Abgeordnete di Rudini, der zugleich Führer derjungen Rechten", einer einflußreichen Gruppe in der neuen Deputirtenkammer, sein wird, vor seinen Wählern in Termini in aller Form erklärt hat, daß er die auswärtige Politik Crispi's ebenso wie die innere im Wesent­lichen zu unterstützen bereit sei. Bei dem am 6. Deeember zu seinen Ehren veranstalteten Bankette betonte di Rudini rückhaltlos, daß er sogar noch vor Crispi ein Anhänger des europäischen Friedensbündnisses, der Tripelallianz, gewesen sei, so daß er dieser doch unmöglich jetzt Opposition machen könne. Darf Crispi daher unbedingt aus die Unterstützung seiner auswärtigen Politik durch die von Rudini geführte parlamentarische Gruppe zählen, so erklärte der erwähnte Abgeordnete in seiner Bankettrede auch, daß er die aus Wiederherstellung des Gleichgewichts im Staatshaushalte abzielenden Be­strebungen nach besten Kräften zu fördern bestrebt sein werde. An Meinungsverschieden­heiten wird es allerdings hinsichtlich der Finanzpolitik Italiens nicht fehlen, da der Wechsel in der Leitung des Finanzministeriums, die Ersetzung Giolitti's durch Grimaldi ,

als Finanz- und Schatzminister, neue Vorschläge oder Reformen vorhersehen läßt.

Rudini, dem diese Veränderung, als er seine Rede in Termini hielt, noch nicht be­kannt war, wies aber selbst bereits darauf hin, daß die parlamentarischen Verhältnisse im Vergleiche mit früheren Zeiten eine Veränderung erfahren müßten, insofern nicht . *

mehr zwei große Parteien einander gegenüberstehen, sondern das Gros der Deputirten­kammer verschiedene Abstufungen derselben Partei aufweisen würde. Rudini hält es zugleich im Interesse des konstitutionellen Rägime für geboten, daß ein solches Gegen­gewicht, eine solche Controle vorhanden sei. So wendete sich der erwähnte Abgeordnete direct gegen Bonghi, indem er hervorhob:Man hatte nicht, wie behauptet wurde, den anmaßenden Gedanken, Crispi zum Gefangenen zu machen; man wollte aber auch selbst nicht Gefangener der Majorität sein. Weit entfernt, Crispi zu bekämpfen, wollte man ihn vielmehr unterstützen, ohne über die Grenzen der eigenen Meinungen und Ueberzeugungen hinauszugehen." Rudini fügte hinzu, daß er und seine Gesinnungs­genossen auch in Zukunft bereit sein würden, dem Conseilpräsidenten eine loyale und entschiedene Unterstützung zu gewähren, da die von Crispi für die neue Legislatur­periode vorgezeichneten Aufgaben voraussehen lassen, daß sich keine ernsthaften Meinungs­verschiedenheiten Herausstellen werden.

Die Thronrede, mit welcher König Humbert von Italien am 10. November die erste Session der neugewählten Deputirtenkammer eröffnet hat, gibt der Zufriedenheit ^

aus Anlaß der friedlichen Situation Ausdruck. Waren alle Bestrebungen der Radikalen in jüngster Zeit darauf gerichtet, an der Tripelallianz zu rütteln, so betont König Humbert gerade das treue Festhalten Italiens an seinen Bündnissen, indem er er­läuternd hinzusügt, daß das Land, herzlich in der Freundschaft und von dem auf­richtigen Wunsche beseelt, die Beziehungen zu allen Mächten jeder Zeit noch besser zu gestalten, mit Genugthuuüg sehe, wie jede Gefahr internationaler Verwicklungen zerstreut sei, so daß sich in ganz Europa die beruhigendsten Aussichten verbreiteten und befestigten. Im Hinblicke auf die Colonialpolitik versichert die Thronrede, daß nur noch übrig bleibe, das italienische Gebiet, sowie die italienische Einflußsphäre in