Issue 
(1891) 66
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139
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Literarische Rundschau

Die Nordlandssahrten Kaiser Wilhelm's.

Kaiser Wilhelm's II. Reisen nach Norwegen in den Jahren 1889 und 1890 von

Paul Güßfeldt. Mit 21 Heliogravüren und 124 Holzschnitten nach Zeichnungen von

Carl Saltzmann, und einer Orientirungskarte. Berlin, Gebrüder Paetel. 1890.

Bei Meinen Reisen habe Ich nicht allein den Zweck verfolgt, fremde Länder und Staatseinrichtungen kennen zu lernen und mit den Herrschern benachbarter Reiche freundschaftliche Beziehungen zu Pflegen, sondern diese Reisen, die ja vielsach Miß­deutungen ausgesetzt waren, haben für Mich den hohen Werth gehabt, daß Ich, entrückt dem Parteigetriebe des Tages, die heimischen Verhältnisse aus der Ferne beobachten und in Ruhe einer Prüfung unterziehen konnte. Wer jemals einsam aus hoher See, auf der Schiffsbrücke stehend, nur Gottes Sternenhimmel über sich, Einkehr in sich selbst gehalten hat, der wird den Werth einer solchen Fahrt nicht verkennen. Manchem von Meinen Landsleuten möchte Ich wünschen, solche Stunden zu erleben, in denen der Mensch sich Rechenschaft ablegen kann über Das, was er erstrebt und was er geleistet hat. Da kann man geheilt werden von Selbstüberschätzungen, und das thut uns Allen Noth."

Mit diesen kaiserlichen Worten, gesprochen bei festlichem Anlaß, am 5. März 1890, eröffnet das Buch, welches bestimmt ist, die beiden norwegischen Reisen Sr. Majestät darzustellen. Der Gedanke nicht nur, gewissermaßen auch der Plan des Werkes ist aus der eigensten Initiative des Kaisers hervorgegangen, welcher dem als Gast in seiner nächsten Umgebung weilenden Verfasser den Auftrag gab, dieses Buch zu schreiben, mit dem ausgesprochenen Zweck, daß es sich nicht aus die Wahrnehmungen und Erlebnisse der Reise beschränken, sondern darüber hinaus den deutschen Leser im Allgemeinen über das Land Norwegen unterrichten, daß es zugleich belehrend und anregend wirken solle.

Selten mag einem Schriftsteller eine schönere, dankbarere und ehrenvollere Auf­gabe geworden sein als diese; selten aber wohl auch eine, die größere Anforderungen an seine Verantwortlichkeit erhebt. Denn ein Monarch, ein Herrscher von welt­gebietender Macht, sein Kaiser steht im Mittelpunkt der Darstellung, die nicht einmal erleichtert wird durch die Thatsache, daß Kaiser Wilhelm, einsamauf hoher See, nur Gottes Sternenhimmel über sich", jeden Vorrechts der Majestät sich begibt, außer diesem: ein nach dem Höchsten strebender Mensch zu sein. Aber mit der Sicherheit, die Paul Güßfeldt aus schwindelndem Alpenpsad so manchmal an das Ziel geführt hat, ist er auch diesmal seinen Weg gegangen jener Sicherheit, die frei von Furcht, jedoch ganz erfüllt ist von dem Ernst und der Größe des Vorhabens. Als Resultat