Issue 
(1891) 66
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Deutsche Rundschau.

gerüstet zu sehen, daß die Geschichte von 1813/15 neben dem Werke über die Kriege Friedrichs des Großen bearbeitet werden kann. Der Gs- neralstab würde sich mit der Erfüllung dieses Wunsches wahrlich den Dank des deutschen Volkes erwerben.

r.w. Hr 6 hrnlnok n n n r in^. ^populär ueoount ol tbo (lormuu gonoral 8tatß 8pou8 6r 'VVillriuson. Qondon und li'ev- 5/orlr, Naoniillnn und Oo. 1890.

Diese Schrift überdas Gehirn der Armee" ist nicht nur ein populärer, sondern auch ein gewissenhafter Bericht über das Wesen des deut­schen Generalstabs und gibt eine genaue Orien- tirung des von ihm beherrschten Terrains. Sie steht auf dem Standpunkte der Neuzeit und basirt auf den dienstlichen Vorschriften für die deutsche Armee, wie auf den hervorragenden militärischen Erscheinungen eines Bronsart von Schellendorff, Verdy du Vernois, von Blume, von der Goltz, von Boguslawski, von Scherfs, Meckel u. a. Das Einzige, was wir an ihr aus­zusetzen finden, ist die Reihenfolge der Haupt­abschnitte; denn wir verstehen nicht, weshalb der erste Abschnitt, in welchem gleichsam der Beweis für die praktische Thätigkeit des General­stabs im Kriege an dem böhmischen Feldzug 1866 erbracht wird, nicht den Schluß bildet. In knapper Form bemeistert dieser Theil mit Hülfe dreier guten Kartenskizzen den weitschichtigen Stoff, zeigt den Mechanismus in dein König­lichen Hauptquartier wie in den Armee-Ober- Commandos, und schließt mit den fünf kurzen Befehlen, welche in der Zeit vom 21. Juni bis zum 3. Juli 1866, also vor beendetein Aufmarsch der beiden großen preußischen Armeen unter des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Karl Führung bis zur Waffenentscheidung, ge­gebenwurden, und welche genügten, um zudem Resultat zu führen, das sich Königgrätz nennt. Der Verfasser dieser interessanten, und überaus sympathisch berührenden Schrift ist in einer Weise dem Geiste der deutschen Armee nahe ge­treten, wie wir es bei einem Ausländer kaum für möglich gehalten hätten.

6^. Schlesien unter Friedrich dem Großen.

Von I)r. C. Grün Hagen, Königl. Geh.

Archivrath und Professor an der Universität

Breslau. Erster Theil. Breslau, W. Köbner.

1890.

Grünhagen hat sich durch eine Reihe von Arbeiten, welche sich auf die Vergangenheit Schlesiens beziehen, schon großes Verdienst um die Geschichte seines Landes erworben. In dem neuesten Werke, von welchem ein stattlicher erster Theil vorliegt, unternimmt er es nun, uns die Zeit zu schildern, welche nach seiner Meinung die interessanteste des Landes gewesen ist, und zwar behandelt das erste Buch die Erwerbung, das zweite die Behauptung Schlesiens, das dritte die Einrichtung des Landes zu einer preußischen Provinz. Die beiden ersten Bücher enthalten wesentlich die Erzählung der beiden ersten schle­sischen Kriege, wobei der Verfasser aus dem Anhaltinischen Archiv zu Zerbst manche neue Einzelheit beibringen konnte; die wichtigeren Er­eignisse, wie die Schlachten von Mollwitz und

Hohenfriedberg, werden mit großer Ausführ­lichkeit behandelt. Gleichwohl lregt das Schwer­gewicht der Leistung Grünhagen's im dritten Buche, wo er die Umgestaltung des Landes in ein Glied des preußischen Staates schildert. Der Umschwung, welcher dadurch eintrat, war ein ganz gewaltiger. Die österreichische Regierung hatte sich an einer föderativen Zusammenfügung ihres Landescomplexes genügen lassen und höch­stens aus der Religion ein Bindemittel zu machen versucht, was aber in Schlesien auch nur in sehr unvollkommnem Maße gelungen war. Namentlich hatte die Regierung es geduldet, daß die Finanzen in den Händen der Stände des Landes verblieben waren, weil diese Stä.,de nie­mals eine ernste Opposition zu machen wagten und froh waren, wenn sie jeweils durch klägliche Schilderung der Nothlage des Landes etwas von den Forderungen der Regierung abzwacken konnten. Die Regierung fand es unter diesen Umständen sogar bequem, daß ihr die Provinz die Sorge für die Ausbringung des Geldes ab­nahm. Das alles mußte in dem Augenblicke anders werden, als Schlesien von einem Staate erworben wurde, dessen Fürsten ihren Landen ein festes und übereinstimmendes Gefüge gegeben hatten; entweder blieb Schlesien ein äußerliches Anhängsel der preußischen Monarchie, was un­möglich die Absicht bei seiner Eroberung sein konnte, oder es ward auf ähnlichem Fuße wie die übrigen Provinzen eingerichtet. Um dies zu ermöglichen, beseitigte Friedrich die ganze Ständeversammlung im Jahre 1741, unter dem Hinweis darauf, daß das Land nicht sowohl iuro lloroditnrio oder durch Zuthun der Stände, sondern iuro dolli von ihm ui Besitz genommen sei und daß also keinerlei rechtliche Schranken für den Eroberer existirten. Wir kennen die wesentlichen Punkte der Neugestaltung des Landes schon aus Gustav Freytag's meisterhafter Schilderung; Grünhagen aber legt jetzt auch alle Einzelheiten des Processes in ebenso gründlicher als inter­essanter Weise dar. Zn welchem Geiste der König auch hier vorging, das leyrt die Antwort an einen Abgesandten von Greisfenberg (1745), welcher ihm für die Herstellung dieser durch einen Brand zerstörten Stadt dankte:Ihr habt mir nichts zu danken; denn dazu bin ich da."

. Geschichte Oesterreich's und Ungarns im ersten Jahrzehnt des 18. Jahr­hunderts. Nach ungedruckten Quellen. Von Eduard Wertheimer. ZweiBände. Leipzig, Duncker L Humblot. 1884. 1890.

Der Verfasser des vorliegenden Werkes hat Materialien aus einer großen Anzahl von Ar­chiven für seinen Stoff verwerthen können (so die Papiere des Erzherzogs Karl, die Acten des österreichischen Staatsraths, die Berichte des Nuntius re.), und infolge davon hat er unsraglich der Wissenschaft einen nicht unerheblichen Dienst geleistet. Wir weisen beispielsweise hin auf die höchst interessanten Mittheilungen, welche er den Briefen des Erzherzog-Palatins Joseph über die Schlacht von Austerlitz (I, 328 f.) entnommen hat. Daß Alexander I. die Schlacht im un­günstigsten Augenblick erzwang, ehe der Erzherzog Karl mit seinen 80000 Mann heran war, wußte