Issue 
(1891) 66
Page
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Deutsche Rundschau.

fasser die Darlegung seiner Ansichten, Rathschläge und Forderungen erleichtert. Das ganze Werk ist eine Fundgrube reichsten Materials, auf das Zweckmäßigste geordnet, Jedem unentbehrlich, der in diesen großen, die Welt der Gegenwart und Zukunft bewegenden Fragen sich ein eigenes Urtheil bilden will; es klärt die Anschauungen über viele Dinge und beseitigt alte vorgefaßte Meinungen, die nur auf ungenügender Kenntnis; beruhen. Es ist jedenfalls eines der allerwich­tigsten Bücher für Jeden, den die politischen und soeialen Probleme unserer Zeit interessiren; aber auch für Jeden, der unsere moderne Cultur verstehen und in ihren künftigen Entwicklungs­gang einigermaßen Einsicht gewinnen will.

H;6(lounl688llv6. Lz-R n. 8 livrtli 0 N 86 , Iwnäon, Llnomillan nncl 60 . 1888.

Der Verfasser fährt mit diesem Buche fort, der englischen Aristokratie, und also wohl auch ihren Standesgenofsen anderwärts, vorwurfs­freien Lesestoff zu bieten. Alles ist wieder sauber und delikat, die Leidenschaften wohlge­zügelt mehrLeidenschäftchen", die Sün­den werden nicht einmal wirklich begangen, sondern nur gedacht, alles endet zufriedenstellend. Die Erzählung könnte eigentlich W 8piritunl Homnuee mit besserem Rechte genannt werden, als desselben Autors Ilm Uittlo 8el;oolm38t6r Narlc, welcher diesen Beinamen führt, denn hier nehmen schon die schlimmen Einfälle körper­liche Gestalt an, die Welten des Sichtbaren und Unsichtbaren vermischen sich. Man merkt in dein breit geschriebenen Buche das Behagen, welches Mr. Shorthouse an sich selbst und an der Welt, ganz wie sie ist, findet, und alle Menschen, denen es paßt, diese Stimmung in sich zu er­wecken, werden mit dieser Geschichte ihre Freude haben.

Hr6>V6LkerV6886l. David 0üri8tik Murray. In tliroo Volum68. Dondon, lVlaomillau and 6o. 1888.

Murray gehört zu dem festen Bestände der englischen Romanliteratur, seine Arbeiten zu der kräftigen Masse mittleren Werthes, welche zwar auswärts wenig bekannt wird, aber dafür den normalen gesunden Lesestoff des englischen Publicums darstellt. In einigen Erzählungen, deren Autorschaft sich schon auf dem Titel an­gemerkt findet (do86xlÜ8 6oat",Unindov ilold", ,,^-unt UaeüelZ hat Murray diesen Durchschnitt mit Glück überschritten; das vor­liegende Werk bleibt innerhalb desselben. Es wird darin abermals unternommen, den Nach­weis zu führen, daß gerade in manchen sehr schwierigen Lebenslagen dasschwächere" Ge­schlecht eigentlich dasstärkere" sei. Dis Er­zählung ist dünn, sie bricht fast in zwei Theile und windet sich mühsam von einem Abschnitt zum andern. Auf einen Band zusammenge­strichen, wäre sie wahrscheinlich recht interessant geworden. Doch will ich nicht leugnen, daß die geschickte Hand des erfahrenen und erfolg­reichen Journalisten sich überall in dem Buche zeigt; sie hat diese Ausdehnung der Geschichte überhaupt erst möglich gemacht. Ferner ist viel guter Humor in dem Ganzen, besonders in der Schilderung derästhetischen" Gesellschaft; der

Autor schreibt mit aufrichtigem Behagen, und so läßt sich wohl denken, daß nicht bloß die englischen Leser sich mit diesem Roman durch ein paar Regentage der Sommerfrische oder durch etliche lange Winterabende durchschlagen werden.

11i6 Ilodinlion «1 llulpii Ilnrdklol.

'William lVlintc». Ilu'66 Vol8. Dou- don, l>Incmillan and Oo. 1888.

Auch ein Professorenroman, diesmal aus England. Der Name des Verfassers ist den Lesern englischer Magazine wohlbekannt, in die weitesten Kreise ist seine Biographie De Foe's gedrungen, ein Band der blnglwli Lien ol Dottor^ Die vorliegende Erzählung spinnt in drei Bänden die Geschichte des Bauernauf­standes ab, welcher unter Führung von Wat Tyler, 1381, zur Zeit des jungen Königs Richard II. stattfand. Die historischen Studien Professor Minto's treten nicht bloß in dem einleitenden Kapitel hervor, sondern sie drängen auch im weiteren Verlaufe des Buches ab­schnittsweise den Roman von seinem Fortschritt ab und schaffen das Ganze um zu einem Mittel­ding zwischen Phantasie und Wahrheit. Die guten Muster, welche sich der Verfasser vor Äugen hält, nutzen ihm nicht viel: Dickens hat die Oordon riot8 mit unendlich stärkerer Wir­kung in Darnal)^ kuclgo beschrieben, und die Scene, in welcher Minto's Ritter Rainham mit üblem Erfolge seine Gefangenen im Kerker be­sucht, ist eben nur im Inhalt, nicht im Effect verwandt mit dem Abenteuer des Herzogs von Argyle und des tapferen Kapitän Dugald Dal- getty in Walter Scott's legend ol L1ontrc>86. Das hindert nun freilich nicht, daß dieser Ro­man hier, welcher zuerst in Macmillan's INiglwli IlUwtrated Lla^ardno erschienen ist, den Freunden historischer Erzählung wohl empfohlen werden darf.

Hdvinere.dl 11 w. Dil dort.

Ulnladolxliia. 1890.

Dieses wirklich vornehm ausgestattete kleine Buch enthält drei mit Liedern untermischte poe­tische Erzählungen: Aldornere, Mary Craven und Wyndham, die untereinander in gewissen; Zusammenhang stehen und die Katastrophe des Bürgerkrieges der Vereinigten Staaten zum Mittelpunkte haben; die Schicksale der Haupt­personen bewegen sich darum. Eine schöne Wärme durchsließt das Ganze, Sprache und Vers sind edel, aber die rechte Gestaltungskraft fehlt, es sind mehr Rhapsodien als Erzählungen. Dasselbe muß von den kleinen Balladen und lyrischen Gedichten gesagt werden, welche sich an diese ersten Stücke reihen: überall wahrhaft poetische Stimmungen, aber selten ein festes Zugreifen, ein gegenständliches Darstellen. In dem Ganzen gibt sich ein feinbesaitetes Gemüth, eine hochgebildete Persönlichkeit kund, deren, im Allgemeinen doch etwas enges Urtheil heute noch unter dem Einflüsse der Begeisterung steht, welche den Norden Amerika's zum Kampfe wider den fklavenhaltenden Süden aufgerufen hat.

L<r. Vom Wege. Kleine Erzählungen von Anna Gräfin Pongracz. Wien, Carl Gerold Sohn. 1889.