Heft 
(1891) 66
Seite
171
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Unwiederbringlich. 171

Dir für ihren guten Sinn. Asta hat einen lebhaften Geist und eine lebhafte Phantasie > ."

Was immer eine Gefahr ist . ."

Ja. Aber oft auch ein Segen. Eine lebhafte Phantasie schiebt auch Bilder vor das Häßliche und ist dann wie ein Schutz und Schirm."

Die Gräfin schwieg und blickte vor sich hin, und als sie nach einiger Zeit wieder aus das Meer hinaussah, sah sie von dem Dampfer nur noch den immer blasser werdenden Rauch, der wie ein Strich am Horizonte hinzog. Sie schien allerhand Gedanken nachzuhängen, und als die Dobschütz, von der Seite her, einen flüchtigen Blick auf die Freundin richtete, sah sie, daß eine Thräne in deren Auge stand.

Was ist, Christine?" sagte sie.

Nichts."

Und doch bist Du so bewegt . ."

Nichts," wiederholte die Gräfin.Oder wenigstens nichts Bestimmtes. Aber es quält mich eine unbestimmte Angst, und wenn ich nicht das Wahrsagen und Träumedeuten von Grund meiner Seele verabscheute, weil ich es für gottlos und auch für eine Quelle der Trübsal halte, so müßt' ich Dir von einem Traum erzählen, den ich diese letzte Nacht gehabt habe. Und war nicht einmal ein schrecklicher Traum, bloß ein trüber und schwermüthiger. Ein Tranerzug war es, nur ich und Du, und in der Ferne Holk. Und mit einem Male war es ein Hochzeitszug, in dem ich ging, und dann war es wieder ein Trauerzug. Ich kann das Bild nicht los werden. Dabei das Sonderbare, so lange der Traum dauerte, Hab' ich mich nicht geängstigt, und erst als ich wach wurde, kam die Angst. Und deshalb beunruhigte mich auch das, was Asta sagte. Noch gestern hätte mich's bloß erheitert, denn ich kenne das Kind und weiß, daß sie ganz so ist, Wie Du sagst . . . Und chann, offen gestanden, auch diese Reise ängstigt mich. Sieh', jetzt ist die Rauchfahne verschwunden . ."

Aber, Christine, das wirst Du doch von Dir abthun; das ist ja wie sich fürchten, daß man vom Stuhl fällt oder daß die Decke einstürzt. Es stürzen Decken ein und Häuser auch und cs scheitern auch Schiffe, die zwischen Glücks­burg und Kopenhagen fahren, aber, Gott sei Dank, doch bloß alle hundert Jahr ein Mal . ."

Und Einen trifft es dann, und wer will sagen, wer dieser Eine ist. Aber das ist es nicht, Julie . . Ich denke nicht an ein Unglück unterwegs . . Es sind ganz andere Dinge, die mich ängstigen. Ich freute mich, wie Du weißt, aus diese stillen Tage, die zugleich geschäftige Tage werden sollten, und seit heute früh freue ich mich nicht mehr darauf."

Bist Du wegen der Kinder anderen Sinnes geworden?"

Nein. Es bleibt bei dem längst zwischen uns Besprochenen, und nur wegen Axel schwankt es noch mit dem Wohin. Aber auch das wird sich unschwer regeln. Nein, Julie, was mich in meinem Gemüthe seit heute früh beschäftigt, ist einfach das: ich durste Holk nicht reisen lassen oder doch nicht allein Ich habe diese sonderbare Stellung immer mit Unbehagen und Mißtrauen angesehen,