Heft 
(1891) 66
Seite
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Deutsche Rundschau.

und Wenn er auch diesmal wieder hinüber mußte, weil sein Nichterscheinen eine Beleidigung gewesen wäre, so mußte ich mit ihm gehen . ."

Die Dobschütz, überrascht, mühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken.

Eifersüchtig?" Und während sie so fragte, nahm sie die Hand der Gräfin und fühlte, daß diese zitterte.Du schweigst. Also getroffen, also wirklich eifersüchtig, sonst würdest Du sprechen und mich auslachen. Man lernt doch nie aus, auch nicht in dem Herzen seiner besten Freundin."

Eine Pause trat ein, für Beide peinlich, besonders für die Dobschütz, die das alles so ganz Wider Wunsch und Willen heraufbeschworen hatte. Ja, Ver­legenheit auf beiden Seiten, so viel War gewiß, und diese Verlegenheit wieder aus dem Wege zu räumen, das war nur möglich, wenn das Gespräch, wie es begonnen, mit allem Freimuth fortgesetzt wurde.

Gönnst Du mir noch ein Wort?"

Die Gräfin nickte.

Nun denn, Christine, ich war in vielen Häusern und habe Manches gesehen, was ich lieber nicht gesehen hätte. Die Herrensitze lassen oft viel zu wünschen übrig. Aber wenn ich je umgekehrt ein zuverlässiges Haus gefunden habe, so ist es das Euere. Du bist ein Engel, wie alle schönen Frauen, wenn sie nicht bloß schön, sondern auch gut sind, ein Fall, der freilich selten eintritt, und ich per­sönlich wenigstens habe nichts Besseres kennen gelernt als Dich. Aber gleich nach Dir kommt Dein Mann. Er ist in dem, um das sich's hier handelt, ein Muster, und Wenn ich einem Fremden zeigen sollte, was ein deutsches Haus und deutsche Sitte sei, so nähm' ich ihn beim Schopf und brächt' ihn einfach hierher nach Holkenäs."

Der Gräfin Antlitz verklärte sich.

Ja, Christine, Du bist Alles in Allem doch eine sehr bevorzugte Frau. Holk ist aufrichtig und zuverlässig und wenn drüben in Kopenhagen auch jede dritte Frau die Frau Potiphar in Person wäre, Du wärest seiner doch sicher. Und schließlich, Christine, Wenn Dir trotz alledem immer noch ein Zweifel käme. ."

Was dann?"

Dann müßtest Du den Zweifel nicht aufkommen lassen und Dir's klug

und liebevoll einreden, es sei anders. Ein schöner Glaube beglückt und bessert

und stellt wieder her und ein schlimmer Argwohn verdirbt Alles."

Ach, meine liebe Julie, das sagst Du so hin, weil Du, so viel Du von

unserem Haus und Leben kennst, doch nicht recht weißt (und Du sagtest eben selbst so was) wie's in meinem Herzen eigentlich aussieht. Du weißt Alles und doch auch wieder nicht. Ich glaube, wie Ehen sind, das wissen immer nur die Eheleute selbst und mitunter wissen's auch die nicht. Wer draußen steht, der sieht jeden Mißmuth und hört jeden Streit; denn, sonderbar zu sagen, von ihren Fehden und Streitigkeiten verbergen die Eheleute meistens nicht viel vor der Welt, ja, mitunter ist es fast, als sollten es Andere hören und als würde das Heftigste gerade für Andere gesprochen. Aber das gibt doch ein falsches Bild, denn eine Ehe, wenn nur noch etwas Liebe da ist, hat doch auch immer noch eine andere Seite. Sieh', Julie, wenn ich Holk in irgend einer Sache