Unwiederbringlich.
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Würden" Und zu dieser vorsichtigen Weisung, so scherzhaft sie gegeben war, war nur zu guter Grund vorhanden; denn als eine Minute nach Erichsen, auch Pentz und Holk in das Lokal eintraten, schien es unmöglich, einen noch unbesetzten Tisch zu findend Aber schließlich entdeckte man doch eine gute Ecke, die nicht nur ein paar bequeme Plätze, sondern auch ein behagliches Beobachten Versprach.
„Ich denke, wir beginnen mit einem mittleren Rüdesheimer. Doctor Grämig, beiläufig der lustigste Mensch von der Welt, sagte mir neulich, es sei merkwürdig, daß ich noch ohne Podagra sei, worauf ich nicht bloß meiner Lebensweise, sondern ganz besonders auch meiner Lebensstellung nach einen so zu sagen historisch verbrieften Anspruch hätte. Je mehr er aber damit Recht haben mochte, je mehr gilt es für mich, die noch freie Spanne Zeit zu nutzen. Erichsen, was darf ich für Sie bestellen? Biliner oder Selters oder phosphorsaures Eisen . ."
Ein Kellner kam und eine kleine Weile danach, so stießen alle Drei mit ihren Prächtig geschliffenen Römern an, denn auch Erichsen hatte von dem Rüdesheimer genommen, nachdem er sich vorher einer Wasserkaraffe versichert hatte.
„Gamle Danmark," sagte Pentz, woraus Holk, ein zweites Mal anstoßend, erwiderte: „Gewiß, Pentz, Gamle Danmark. Und je „gamler" desto mehr. Denn Was uns je trennen könnte — gebe Gott, daß der Tag fern sei — das ist das neue Dänemark. Das alte, da bin ich mit dabei, dem trink' ich zu. Friedrich VII. und unsere Prinzessin . . Aber sagen Sie, Pentz, was ist nur m meine guten Kopenhagener gefahren und vor Allem in diese gemüthliche Weinstube? Sehen Sie doch nur da drüben, wie das Alles aufgeregt ist und sich die Blätter aus den Händen reißt. Und Oberstlieutenant Faaborg, ja es ist Faaborg, den muß ich nachher begrüßen, sehen Sie doch nur, der glüht ja wie ein Puter und fuchtelt mit dem Zeitungsstock in der Luft umher, als ob es ein Dragonersäbel wäre. Auf wen redet er denn eigentlich ein?"
„Auf den armen Thott."
„Arm? Warum?"
„Weil man, so viel ich weiß, Thott in Verdacht hat, daß er auch mit im Komplott sei."
„In welchem Komplott?"
„Aber Holk, Sie sind ja wenigstens um ein Menschenalter zurück. Freilich, da Sie gestern gepackt haben und heute gereist sind, so sind Sie halb entschuldigt. Wir haben hier allerdings so was wie ein Komplott: Hall soll über die Klinge springen."
„Und das nennen Sie Komplott. Ich entsinne mich übrigens, Sie schrieben mir schon davon ... Ich bitte Sie, lassen Sie den guten Hall doch springen. Er wird sich selber nicht viel daraus machen, das aus den Fugen gehende Dänemark, woran ich übrigens noch lange nicht glaube, wieder einzurenken. Schon Hamlet wollte nicht. Und nun gar Hall."
„Nun, der will auch nicht, darin haben Sie Recht. Aber unsere Prinzessin will es, und das gibt den Ausschlag. So wenig Vertrauen sie zu dem König hat, was mit ihrer Abneigung gegen die Danner zusammenhängt, so viel Ver-
Deutsche Rundschau. XVII, 5. 12