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Deutsche Rundschau.
sie nicht Wolle. Oder vielleicht haben es ihm auch Andere gesagt. Kurz und gut. als der Tag kam, wo das Schiff fort sollte, da wurde Hansen doch ganz ernsthaft und verstand keinen Spaß mehr und sagte: „Brigitte, Du mußt nun mit." Und wenn er sie vorher aus Liebe mitgenommen hatte, so nahm er sie jetzt, gerade wie der Herr Graf gesagt haben, aus Vorsicht mit oder aus Eifersucht."
„Und half es? Und wurde sie durch diese Reise von ihrer Liebe geheilt? Ich meine von der Liebe zu Dem ,im inneren Dienst?'"
„Ja, das wurde sie, wiewohl man's bei Brigitte nie so ganz sicher wissen kann. Denn sie spricht Wohl mancherlei, aber sie schweigt auch viel. Und ist auch insoweit ganz gleich, als wir die Hauptsache ja doch gehabt haben."
„Und was war die Hauptsache?"
„Daß mein Schwiegersohn seinen Glauben wieder hat, ganz und gar. Hansen ist nämlich ein sehr guter Mensch und ist wieder ruhig und vernünftig, und fährt auch wieder auf seiner alten Chinatour."
„Ich freue mich aufrichtig, das zu hören. Aber wir dürfen in dieser Sache doch nichts auslassen oder vergessen. Ich glaube nämlich, liebe Frau Hansen, Sie wollten mir eigentlich erzählen, wie's kam, daß sich Ihr Schwiegersohn von seiner Eifersucht wieder erholte . . ."
„Ja, das wollt' ich, und ich sage immer, der Mensch denkt und Gott lenkt, und wenn die Noth am größten ist, dann ist die Hülfe am nächsten. Denn das darf ich Wohl sagen, ich ängstigte mich; eine Mutter ängstigt sich immer um ihr Kind und macht keinen Unterschied, ob verheirathet oder nicht; ja, ich ängstigte mich um Brigitten, weil ich dachte, das gibt eine Scheidung, denn sie hat einen sehr festen Willen, man könnte beinah schon sagen eigensinnig, und ist sehr erregbar, so still und so schläfrig sie auch mitunter aussieht . . ."
„Ja, ja," lachte Holk, „das ist immer so, stille Wasser sind tief."
„Also ich ängstigte mich. Aber es kam Alles ganz anders, und das war gerade damals, als Brigitte so zu sagen zwangsweise mit gemußt hatte. Und das machte sich so. Hansen kriegte damals auf seiner Reise Rückfracht nach Bangkok, einer großen Stadt in Siam, in der ich selber vor vielen Jahren mit meinem Manne gewesen bin. Und als Hansen da ankam und ein oder zwei Tage schon vor dem kaiserlichen Palaste gelegen hatte, denn die Siamschen haben einen Kaiser, kam ein Minister an Bord und lud Hansen und seine Frau zu einer- großen Hoftafel ein. Der Kaiser mußte sie Wohl gesehen haben. Und Brigitte saß neben ihm und sprach englisch mit ihm, und der Kaiser sah sie immer an. Und als die Tafel aufgehoben war, war er wieder sehr huldvoll und gnädig und ließ kein Auge von ihr, und als man sich verabschieden wollte, sagte er zu Hansen: „Es läge ihm sehr daran, daß die Frau Capitänin am anderen Tage noch einmal in den Palast käme, damit seine Getreuen im Volke, und vor Allem seine Frauen (wovon er sehr viele hatte) die schöne Wrman !aäv noch einmal von Angesicht zu Angesicht sehen könnten. Einen Augenblick erschrak Hansen über die fortgesetzte Ehre, die ja Verrath sein konnte, denn rund um den ganzen Palast herum waren Köpfe aufgesteckt, ganz so wie wir Ananas aufstecken; aber Brigitte, die das Gespräch gehört hatte, verneigte sich vor dem Kaiser und sagte mit der richtigen Miene, denn sie hat so was Sicheres und Vornehmes, daß sie zu der festgesetzten Stunde kommen werde."