John Henry Newman.
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fest hält. Hier umschreibt er das Princip des Glaubens dahin. Es besteht, sagt er H, darin, daß in sich Glaube besser ist als Unglaube; daß der Glaube, obgleich ein intellektueller Vorgang, in seinem Grunde ethischer Natur ist; daß es sicherer ist, zu glauben; daß all' unser Wissen mit Glauben ansängt; daß die Gründe unseres Dafürhaltens meist impliciter Natur sind und weniger in genauen und vollkommenen Erweisen als in Postulaten und Wagnissen (xrssomvtions anä vontures) bestehen, und daß schließlich Wahrscheinlichkeitsgründe, unter der Prüfung und Sanction eines verständigen Urtheils, hinreichen, um Schlüsse zu fassen, die wir nunmehr als sehr sicher annehmen und welche die allergrößte Bedeutung für unser Leben besitzen. Man sieht, Newman steht im Wesentlichen auf dem Standpunkte der berühmten Pascal'schen Argumentation und kommt auf Gabriel Biel's, des „letzten Scholastikers", Satz zurück, daß, um den Glauben zu empfangen, es hinreichend ist, daß die Motive der Glaubwürdigkeit als glaubwürdig hingestellt werden^). Er untersucht dann weiter die Dispositionen, welche nothwendig sind, um zum Glauben zu gelangen^): ein Thema, dem er die schöne, in der Dubliner Universitätskirche im Advent 1856 gehaltene Rede gewidmet hat. Da heißt es am Schlüsse: „seid versichert, meine Brüder, der beste Beweis, besser als alle Bücher in der Welt, besser als Alles, was Astronomie, Geologie, Physiologie und wie die Wissenschaften alle heißen, darzubieten im Stande sind, ein Beweis, für den Ungelehrten nicht weniger einleuchtend als für den Gelehrten, — ein Beweis „innerhalb uns" — ein Beweis von bündiger Klarheit für den Verstand und gewinnender Huld für den Willen, zur Ueberzeugung wie von dem Dasein Gottes so von den Grundlehren des Christenthums, — das ist der Beweis, welcher einer sorgfältigen Beobachtung dessen, was das Herz sagt, entspringt und sich als das Ergebniß einer Vergleichung der Forderungen des Gewissens mit den Vorschriften des Evangeliums darstellt." Darum ist das Kind so leicht disponirt zum Glauben, weil in ihm noch keine Einflüsse Platz gegriffen, welche den religiösen Jnstinct zerstört und die Glaubensgeneigtheit aufgehoben haben H. Diesen Glauben in seinem ganzen Umfange sestzuhalten und zu fordern, ist aber außer der katholischen Kirche keine andere Religionsgenossenschaft in der Lage^). Ja, im Grunde gibt es zwischen Katholicismus und Skepticismus keine Alternative^). In der Rede über „die Geheimnisse der Gnade und Natur" apostrophirt Newman am Schluffe die Zuhörer: „o meine Brüder, wendet ihr euch weg von der katholischen Kirche, wohin wollet ihr denn gehen? Sie ist euere einzige Zuflucht, in der ihr Frieden ^und Ruhe finden möget aus dem wirren und wechselvollen Treiben dieser Welt. Nur zwischen ihr und vollendetem Zweifel hat der Mensch zu wählen, wenn er frei und unbefangen seine Vernunft zu Rathe zieht. Privatgläubigkeit und
9 v6V6loxin6iit, x. 326 k.
2) OtzvtzloxinsiU, p. 335. b) Dovoloxinsnt, p. 335.
(Irammar ok ^.ssont, x. 106 t'.
°) Oiseoursss to Nixeä (lonZrsMtions, p. 230.
6) Es muß bei dieser Veranlassung bemerkt werden, daß Newman, wie namentlich die ok ^.886nU° beweist, die Berechtigung des Einwandes vollkommen anerkennt. Deutschs Rundschau. XVII, ü. 13