Issue 
(1891) 66
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John Henry Newmon.

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hat stattgefunden H. In seinem Vordergrund steht die Menschwerdung, das staunenswerteste Ereigniß, das je auf Erden vorkam, das größte Wunder der Geschichte 2 ). Die Theorie dieser Offenbarung der Gottheit im Fleische gibt uns allein die Erklärung dessen, was Erfahrung und Geschichte uns über den Zustand unseres Geschlechtes lehren.Vorausgesetzt, daß ein Gott sei, so gehe ich von der Selbstbetrachtung über zur Beobachtung der Menschenwelt, und was ich da erblicke, erfüllt mein Herz mit unaussprechlichem Weh. . . . Der Blick in die Welt lehrt mich nichts Anderes, als was der Prophet in der Rolle geschrieben fand: Klagen, Trauerlieder und Wehe (Ezech. 2, 9 ). . . . Was läßt sich zu dieser, das Herz mit Beben, den Kopf mit Schwindel erfassenden Thatsache sagen? Ich kann nur antworten: entweder gibt es keinen Schöpfer, oder das Menschengeschlecht, Wie es im Ganzen lebt und leibt, hat sich im wahren Sinne des Wortes aus­geschieden von seiner Gegenwart. Sähe ich einen Knaben von ansprechender Gestalt und Gemüthsart, der die Spuren einer feinen Bildung an sich trüge und doch ohne Mittel in die Welt hinausgestoßen wäre und nicht zu sagen wüßte, woher er gekommen, wo er geboren, unter welchen Umständen er ausgewachsen sei, so würde ich daraus schließen, es liege ein geheimnißvolles Dunkel aus seiner Geschichte. ... So nur könnte ich mir den Gegensatz erklären zwischen dem, was er zu sein bestimmt war, und was er wirklich ist. Aehnlich urtheile ich nun auch von der Welt: wenn ein Gott ist und weil es feststeht, daß ein Gott ist, so muß das Menschengeschlecht in irgend eine furchtbare Erbschuld ver­wickelt sein. Es ist nicht mehr im Einklang mit den Absichten seines Schöpfers. Das ist Thatsache, eine Thatsache, so wahrhaftig als sein tatsächliches Dasein, und so wird mir die Lehre von dem, was die Theologen Erbsünde nennen, fast ebenso gewiß, als daß die Welt ist, oder daß Gott ist. Gesetzt nun aber, es sei der heilige, liebevolle Wille des Schöpfers, diesem ordnungswidrigen Zustande der Dinge abzuhelfen, was dürften wir Wohl in Betreff der Wege vermuthen, die nothwendig oder naturgemäß in seinem Werke der Erbarmung einzuschlagen wären? Ist, wie sie es ist, die Welt in einem regelwidrigen Zustande, so darf es uns sicherlich nicht Wunder nehmen, wenn in demselben Grade das Einschreiten von oben her ein über die Regel hinausgehendes sein müßte ein wunderbares also, wie man es zu nennen pflegt" ^).

Hat Newman so den Boden gewonnen für die Annahme einer übernatür­lichen Offenbarung, so führt ihn sein OrZanum iuvestiMnütz wie er sein System nennt, zu der Ueberzeugung, daß, wie die Religion einen integrirenden Theil unserer Natur bildet, so auch der Katholicismus allein die Erwartung einer Offenbarung erfüllt, welche die natürliche Religion an die Hand gibtH. Die Annahme einer übernatürlichen Offenbarung schließt seiner Ansicht nach diejenige einer zur Erhaltung dieser Offenbarung unter uns bestimmten Veranstaltung, d. h. einer sichtbaren Kirche, in sichO- Hatte er früher derIKsncü DüsorO'

9 I)6v6lopm6iU, x. 77.

2) ki'686nt ?o8ition ot' OstIioIi68, x. 298 1.

b) ^xoIoZiu, p. 241 1. Deutsche Uebersetzung S. 278 f.

Vergl. 6i'gMmur ot' ^.886nt, Note III, p. 501.