Issue 
(1891) 66
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John Henry Newman.

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her redet und uns durch seine Stellvertreter lehrt und regiert. Das Gewissen ist der ursprüngliche Statthalter Christi, ein Prophet in seinen Mahnungen, ein Monarch in seiner Bestimmtheit, ein Priester in seinem Segen wie in seinem Fluch, und in ihm Würde, auch wenn das ewige Priesterthum in der Kirche zu existiren aufhören könnte, das priesterliche Princip sortbestehen und seinen Einfluß äußern. . . . Das Gewissen ist ein ernster Mahner; allein in unserm Jahr­hundert ist es durch ein Nachbild erseht worden, von welchem die früheren acht­zehn Jahrhunderte niemals hörten, und Welches sie auch nie fälschlich für das Gewissen hätten halten können, Wenn sie davon gehört hätten: das ist das Recht der Selbstbestimmung. . . . Das Gewissen ist kein Urtheil über eine speculative Wahrheit oder eine abstracte Lehrmeinung, sondern bezieht sich unmittelbar auf unser sittliches Verhalten, aus etwas, was wir zu thun oder zu lassen haben. Daher kann das Gewissen nicht in directe Collision mit der Unfehlbarkeit der Kirche oder des Papstes kommen; denn diese erstreckt sich nur auf allgemeine Sätze oder die Verwerfung ganz vereinzelter Sätze. Nicht unfehlbar ist der Papst in seinen Gesetzen, in seinen Befehlen, in seinen politischen Acten, in seiner Ver­waltung oder in seiner öffentlichen Polizei, und hierin hat ihn das vaticanische Concil gerade so gelassen, wie es ihn fand. . . . Da also die Jnfallibilität allein das Handeln nach dem Gewissen hemmen könnte, und der Papst in derjenigen Sache, in welcher das Gewissen die höchste Auctorität hat, nicht unfehlbar ist, so kann kein blindes Schloß, wie Herr Gladstone meint, zwischen Gewissen und Papst trennend Platz finden." Newman konnte sich für diese Behauptungen auf eine Reihe angesehener Theologen berufen, welche es eingehend ausführen, daß Jemand, dem der Papst nach dem Ausspruch seines Gewissens etwas Unrechtes befiehlt, gehalten ist, seinem privaten, eigenen Gewissen zu folgen und es geduldig zu ertragen, wenn ihn der Papst dafür strafen sollte, und er beschließt diese Aus­führungen mit der Erklärung:sicher, wenn ich genöthigt wäre, die Religion in einen Nachtisch-Toast hineinzubringen (was freilich nicht gerade Mode ist), so würde ich auf den Papst trinken, wenn's so genehm wäre; doch nein, zuerst aufs Gewissen und dann auf den Papst H," Hr. Gladstone hat, so viel ich Weiß, einmal geäußert, diese Erklärung Newman's allein sei ein Ereigniß, welches die durch die Dxpostulation herbeigeführte Controverse hinreichend belohne. Weniger zufriedengestellt war er durch seines Gegners Ausführungen betreffs der Unfehlbarkeit des Papstes H. In seinem ou tim Development" hatte New­

man die letztere eine Hypothese genannt, aber allerdings eine solche, welche, wenn auch nicht durch eine unmittelbare Evidenz, so doch durch starke Argumente und durch die Thatsachen gestützt sei^). Im Jahre 1870 erklärte er sich gleichwohl in einem nicht für die Oeffentlichkeit bestimmten, aber doch bekannt gewordenen Schreiben an den Bischof Ullathorne von Birmingham gegen die Definition, welche seiner Ansicht nach eine große Schwierigkeit schaffen werde, was doch nicht die

0 .r Uottc-r aäärösseä to ins Oruee tbs Duke ok Xortollc on oees8iou ok Nr. OlLä^oiw's I'666nt Lxxo8tutution. I^onäon 1875, x>. 55 66. Deutsche Uebersetzung, Freiburg 1875, S. 7086.

2) Vergl. d1uÜ8tou6, Vutiouni8m. Vu .Vnsvver to roproots nnä rox1l68. 12^» gA. I^onäon 1875. Deutsche Uebersetzung, Nördlingen 1875.

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