Issue 
(1891) 66
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Deutsche Rundschau.

Aufgabe eines ökumenischen Concils sein könne-Was mich betrifft, so erwarte ich für meine Person keine sonderliche Prüfung, aber ich kann nicht umhin, mit so manchen leidenden Seelen zu leiden, und ich sehe mit Besorgniß voraus, daß wir Entscheidungen werden zu vertheidigen haben, welche anzunehmen mir per­sönlich keine Schwierigkeit machen wird, die aber sehr schwer Angesichts der histo­rischen Thatsachen aufrecht zu halten sind. ... Ist es Gottes Wille, daß die Unfehlbarkeit des Papstes definirt wird, dann ist es Gottes Wille auch, den Zeitpunkt (tüe tim68 anä mom6nt8") des seinem Reiche bestimmten Triumphes aus weithin hinaus zu schieben (to türorv daeü), und ich fühle, daß mir dann nichts übrig bleibt, als mein Haupt zu beugen unter die Fügungen seiner an­betungswürdigen, geheimnißvollen (EerutMs) Vorsehung" H.

Am 24. Juli 1870 lautet eine Aufzeichnung:ich sah gestern die neue Definition und freue mich über deren Mäßigung (sie war allerdings sehr ver­schieden von der von der extremen Partei erstrebten). . . . Die Ausdrücke sind vag und viel umfassend, und ich für meine Person habe keine Schwierigkeit, die Lehre anzunehmen. Die Frage ist: kommt sie an mich mit der Auctorität eines allgemeinen Concils." Fünf Jahre später vertheidigte Newman in seiner Antwort auf Gladstone's Expostulation die vaticanischen Dccrete. Freilich sucht er ihre Tragweite auf das Engste zu beschränken.Vor wenigen Jahren," sagt er selbst, War es Sitte unter uns, Schriftsteller, welche dieser Regel der Kirche (oäia 8unt i68trinMnäa, llrvores uMpImuäi") gemäß handelten, mit dem Namen Minimizer" zu belegen; diese Zeit des tyrannischenIp86 clixit" ist hoffentlich vorüber." Aber weder Mr. Gladstone noch die Partei desIp86 äixit" war damit zufrieden. Wenn Newman die Unfehlbarkeit des Papstes einschränkte und an bestimmte Normen gebunden wissen wollte, ähnlich denen, durch welche der Hirtenbrief der schweizerischen Bischöfe sie limitirte, so nimmt der britische Staatsmann nur davon Act, um diesemMinimismus" die Ansichten, Forde­rungen und Wünsche derultramontanen Partei" entgegenzustellen. Diese selbst, Newmans ehemalige Genossen der tractarianischen Bewegung, Ward und Manning an der Spitze, waren von dem minimistischen System auch nichts weniger als erbaut, und es konnte sie nicht erfreuen, was Newman über das Gewissen äußerte, noch wenn er meinte, eine der großen Gefahren der römisch-katholischen Kirche liege in den Uebertreibungen in Sprache und Benehmen, welche sich einzelne Mitglieder derselben gestatten, und es herrsche an der römischen Curie viel Mal­aria. Kein Wunder, daß man, wie wir sehen werden, in Rom übel auf Newman zu sprechen war. Pius' IX. ungnädige Gesinnung ihm gegenüber brauchte nicht lange bekannt zu sein, um gewisse Leute zu dem Zweck in Bewegung zu setzen, Newmans Namen censuriren zu lassen und ihn, nach beliebtem Rccept, mittelst einer solchen Censur bei den sog.guten Katholiken" außer Curs zu setzen. Man hatte, wie später bei Rosmini, eine Anzahl Thesen aus seinen Werken zusammengestellt und war im Begriffe, dieselben dem Papst zur Verurteilung vorzulegen. Zur rechten Zeit gelang es einflußreichen Personen, Pius IX. die

0 Ter Brief ist unter Anderen abgedruckt bei Jennings, Lnrckinnl Xervmnn: tve stor^ ok Vi8 Me. 2^ eck. x>. 110 k. LirminZNnm 1882 .