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Deutsche Rundschau.
erhalten." Und nichts, so darf heute, nach den fünfundvierzig Jahren, die Newman noch als Katholik gelebt hat, hinzugefügt werden, nichts hat ihn, im rein weltlichen, egoistischen Sinn gesprochen, für dieses ungeheure Opfer entschädigt. Die Kirche, in die er eintrat, hat niemals aufgehört, diesen ungewöhnlichsten aller Convertiten mit einem Gemisch von Empfindungen zu betrachten, denen ein unbestimmtes Mißtrauen, eine gewisse Scheu nicht fremd waren. Gleich in den ersten Jahren schloß sich Newman einem Unternehmen zur Veröffentlichung von Heiligenbiographien der späteren Jahrhunderte an. An der Spitze des Unternehmens stand Pater Faber, der in Rom unbedingtes Vertrauen genoß. Die Serie mußte aber plötzlich unterbrochen werden, „weil das Leben der heiligen Rosa von Lima Anstoß bei den englischen Katholiken erregen könne" H. Als Newman einige Jahre später, wie wir sahen, die Franzosen Lacordaire und Montalembert als Männer bezeichnet^ „mit deren allgemeiner Gedankenrichtung und Handlungsweise er aufs wärmste übereinstimme und die er als ihrer Zeit vorausgehend betrachte", erfuhr er dieses bedingten Lobes wegen den ärgsten Widerspruch und die bekannten Epitheta der ultramontanen Presse. Es fehlte nicht viel, so wäre er desselben Liberalismus geziehen worden, zu dessen Bekämpfung er das Schwert gegürtet hatte. Von 1845 bis 1354 ließ man ihn gänzlich unverwerthet, dann ging er im Auftrag seiner geistlichen Obrigkeit nach Dublin, als Rector einer neubegründeten, zum Theil mit guten Lehrkräften ausgestatteten katholischen Universität. Diesen Versuch, die Quadratur des Zirkels zu finden, die freie Bewegung, welche die Forschung nicht entbehren kann, mit der Sorge zu verbinden, die Jugend vor dem Contact unsicherer Hypothesen und beständig wechselnder Meinungen zu bewahren; die eifersüchtige Überwachung durch Bischöfe, die wenig oder nichts von den Grundbedingungen wissenschaftlicher Bildung verstanden; die Nichtanerkennung durch den Staat; das Vergnügen des Irländers an der Unterminirung alles dessen, was Engländer bei ihm zu bauen versuchen: alle diese Erfahrungen hat Newman in Irland bis zur Hefe gekostet. Er schrieb im Laufe dieser Jahre und zur Förderung seiner Ausgabe „Vüo läsu ot a OniverÄtv," und „Ui86 anä ?roZr688 ok IIniv6r8iti68". Es wurde flüchtig daran gedacht, seine Stellung gegenüber dem irischen Episkopat durch Ernennung zum Bischof in partidu^) zu stärken, allein es kam nicht dazu, und im Jahre 1858 kehrte Newman nach Birmingham zurück, um dort im Hause der Oratorianer zu Edgebaston, bis zum Ende seines Lebens in klösterlicher Abgeschiedenheit die Studien halberwachsener Knaben zu überwachen. Denn auch der Versuch, ein katholisches College unter seiner Leitung in Oxford zu errichten, ging kläglich zu Grunde. Der Grund und Boden war bereits dafür angekauft, als die Propaganda die Gründung untersagte. Indessen hatte schon früher Cardinal Wiseman zur Herstellung einer neuen Schriftübersetzung aufgefordert und Newman damit betraut, der auch energisch ans Werk ging und seine Mitarbeiter
1) Das katholische Blatt „Me Md1e0' (August 1890), welches dieses erzählt, sügt nicht hinzu, ob Newman der Verfasser war. Wir erfahren eben, daß letzterer an den erschienenen Bänden in keiner Weise betheiligt war.
2) Und zwar sollte Newman den Titel eines Bischofs von Hippo, dem Sitze des heiligen Augustinus, tragen!