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Deutsche Rundschau.
So lebte er bis nahe ans achtzigste Jahr und glaubte seine Tage gezählt. Da starb Pius IX. Leo XIII. wurde Papst, und bald darauf drang die Kunde nach England, daß er den besondern Wunsch hege, den Pater Newman in Birmingham zum Cardinal zu erheben. Sein Ordensstifter, Filippo Neri, hatte die gleiche Würde einige hundert Jahre früher ausgeschlagen. Man fragte sich in den Spalten der englischen Presse, ob sein größter Sohn ein Gleiches thun werde? Allein nichts Äehnliches geschah, und am 12. Mai 1879 empfing der neue Cardinal den Purpur. Dieser Purpur barg in seinen Falten die Anerkennung der minimistischen Doctrin durch das römische Papstthum; seine Gutheißung der religions-philosophischen Evolutionslehre, die Weiter auszubauen und zu vollenden der tiefe Denker, der sie aufgestellt hatte, der Kirche der Zukunft überließ.
Kurz vorher hatte auch Oxford seinen Frieden mit dem Verbannten von 1845 geschlossen und ihn unter Verleihung der höchsten akademischen Auszeichnungen in seine Mitte zurückgerufen.
In Arbeit und Beschaulichkeit, unter Jüngern und Freunden, hat Newman noch zehn Jahre gelebt und auf den Tod sich vorbereitet, der ihn mild befreite. In den Tagen bittersten Mißverständnisses und Streites, kurz vor seinem Ueber- tritte, hatte er zur Beruhigung seiner Seele den Ausruf von Pascal: „za mourrat seullfi sich wiederholt H. Nun, als er seine Auflösung nahe fühlte, entließ er die Brüder mit den Worten: „I ean mset enä alone" ^).
Am 12. August 1890 ist er gestorben.
Diese große historische Gestalt verpflichtet den historischen Sinn der Deutschen zum Verständniß und damit, wir hoffen es, zur Sympathie. Unsere Sprache hat Newman nicht gesprochen, aber seine Gedankenwelt ist der unserigen verwandt, und auch Diejenigen unter uns, die seine kirchlichen Ueberzeugungen ablehnen, begegnen sich im Streben nach denselben Idealen, — „ckrsams tiull ara
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Newman selbst hat die Stimmung seines ausklingenden Lebens in seinem „Traum des Gerontius" geosienbart. Das wunderbare Gedicht, mit welchem in der Hand Gordon ruhig dem nahenden Tode entgegensah, es ist ein persönliches und zugleich ein theologisches Testament. Der Anblick alles Dessen, was dahinstirbt, wirft freilich eisige Kälte und Entsetzen in die Seele des Sterbenden; es ist die Stimmung einer halben Welt:
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0 Man vergt. dazu das schöne Gedicht vom Jahre 1833: Ilora novl88iina. -) Die Worte wurden zu Father William Neville gesprochen.
„vream ok Oerontirw", § 4.