284
Deutsche Rundschau.
steigen, die Mittelwasser geringer werden, aber das Naß, das vom Himmel fällt, braucht nicht weniger geworden zu sein. Denn die ziemlich allgemein herrschende Ueberzeugung, daß der Wald den Niederschlag vermehre, ist durch neuere, sorgfältige Beobachtungsreihen keineswegs in der erwarteten Weise bestätigt worden. Man hat auch aus antiken Schriftstellern Nachrichten über rauhe Winter, kalte Sommerregen u. dgl. zusammengestellt, und daraus den Eindruck gewonnen, als müsse damals das Klima viel kühler gewesen sein. Doch ist es leicht nachzuweisen, daß man aus historischen Aufzeichnungen immer diesen Eindruck gewinnt, da eben nur das Ungewöhnliche und da wieder besonders das Unheilvolle ausgezeichnet wird. Es Wäre nicht schwer, auch für die Gegenwart eine Reihe Daten zusammenzustellen, welche denselben Eindruck Hervorrufen.
Allem dem gegenüber gibt es für Italien und Griechenland ein Beweismittel, welches die Annahme bedeutender Klimaveränderungen fast vollkommen ausschließt. Das ist die Thatsache, daß die Verbreitungsgebiete einiger wichtigen Kulturpflanzen, so vor Allem des Oelbaums, seit der antiken Zeit unverändert dieselben geblieben sind. Das Klima der Poebene erträgt die Olive heute ebensowenig wie damals, während sie im Görzischen schon zur römischen Zeit gedieh. Ebenso ist das Innere Thessaliens heute, wie damals, für sie zu kalt; freilich nicht regelmäßig; ab und zu jedoch tritt ein zu harter Winter ein. Das war einstens ebenso; die Kulturen gediehen Jahre hindurch; plötzlich wurden sie vernichtet. Genau dasselbe gilt von der Dattelpalme, dasselbe auch vom Weinbau in der Krim. Diesem Nachweis gegenüber müssen viele Gegengründe verstummen.
Anders scheint die Sache allerdings zu liegen, wenn wir uns zu den Grenz- län'oern der großen afrikanischen Wüste und zu dieser selbst wenden. Hier häufen sich die Anzeichen, daß in der antiken Zeit das Klima tatsächlich feuchter, Weniger wüstenartig gewesen sei. Zahlreich sind die römischen Monumente, die in jetzt ganz verödeten Theilen der Wüste stehen, die Quellfassungen und Wasserleitungen ohne Tropfen Wasser. Nun haben zwar in neuester Zeit die Brunnengrabungen der Franzosen in der kleinen Sahara bewiesen, wie viel die menschliche Arbeit in der Bändigung und Einschränkung der Wüste zu leisten vermag. Aber selbst wenn man dem Culturrückschritt seit der antiken Zeit und dem Einreißen nomadischer Gewohnheiten durch die arabische Invasion noch so große Bedeutung beimißt, so bleiben noch immer einige Punkte übrig, die zu denken geben. Ich meine dabei weniger den Ersatz des Rindes durch das Kameel in den Oasen der Sahara, was als ein Hauptbeweis der Klimaveränderung aufgeführt worden ist — denn auch hier kann eben eine Gattung Viehzucht mit einer anderen, zweckmäßigeren vertauscht worden sein — als vielmehr das Vorkommen des Elephanten im Atlasgebiet, das aus Karthagischen Quellen sicher nachgewiesen ist. Die Kriegselephanten, deren sich die Karthager bedienten, sind nördlich der Sahara eingefangen worden. Es ist schwer zu denken, in welchem Theile des Atlasgebietes heute Elephanten sollten Vorkommen können.
Aber auch für dieses Gebiet ist neuerdings durch Partsch ein sehr beachtens- werther Beweis für die Beständigkeit des Klimas beigebracht worden. Es gibt keine empfindlicheren Klimaanzeiger als die abflußlosen Seen. Denn jede Ver-