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Deutsche Rundschau.
gezogen. Nur bei vier Stationen reichen die Beobachtungen bis zum Anfang des achtzehnten Jahrhunderts; die Hauptmasse beginnt erst 1831 oder noch später. Das Ergebniß ist: Ueberall aus der Erde schwankt die Regenmenge nach längeren Perioden; es sind stets Gruppen von zehn bis sünfzehn Jahren, in denen sie im Ganzen entweder hinter dem Mittel zurückbleibt oder es überschreitet. In vier Fünfteln des Beobachtungsgebietes erfolgt die Schwankung wieder in demselben Sinne wie die See- und Gletscherschwankungen. Die Ausnahmsgebiete, in denen sie im entgegengesetzten Sinne erfolgt, liegen an den Ufern der Oceane; je weiter man aber ins Innere der Continente vordringt, desto stärker werden die Unterschiede der Regenmenge in den nassen und trockenen Perioden, desto besser stimmen auch die Zeiten. In Europa beträgt die Abweichung vom vieljährigen Mittel etwa zehn Procent; hingegen fiel im Inneren von Sibirien zur Zeit des Maximums über doppelt so viel Regen als zur Zeit des Minimums. Im Inneren von Amerika beträgt der Unterschied fast ebenso viel; für die sämmtlichen Landslächen der Erde ist also die Schwankung eine und dieselbe, und zwar eine höchst bedeutende.
Es ist nun nahe liegend, daß auch die Temperatur eine Bewegung in ähnlichem Sinne mitmachen muß, denn regnerisches Wetter ist immer kühler als heiteres, aus dem einfachen Grunde, weil die Wolken den Sonnenschein aus- sperren. Und auch diese Voraussetzung trifft vollkommen zu. Wieder ergaben die Beobachtungen zahlreicher Stationen ein periodisches Schwanken der Temperatur in derselben Weise wie das der anderen Elemente. Und da auch diese Aufzeichnungen nicht weit zurückreichen, so hat Brückner endlich noch einen anderen Klimaindicator herangezogen, nämlich den Beginn der Weinernten, über welchen von einer Anzahl französischer und schweizerischer Weinorte bis 1391 zurückgehende Berichte vorliegen. In den letzten hundert Jahren stimmt nun der Gang dieses Elementes so vorzüglich mit dem der übrigen, daß man damit einen Anhaltspunkt zur Verfolgung der Klimaschwankungen aufwärts durch fünf Jahrhunderte erhält. Denn stets entspricht den kühlen und regnerischen Perioden eine späte, den warmen und trockenen eine frühe Weinernte.
Auf diese Weise erscheint also die Thatsache von Klimaschwankungen vollkommen erwiesen. Und zwar wiederholt sich derselbe Charakter der Witterung in Perioden, deren Länge zwischen 25 und 40 Jahren schwankt. Im Mittel umfassen ein trockener und ein nasser Zeitraum zusammen 35 Jahre. Wie sich versteht, ist nun die Sache keineswegs so aufzusassen, daß in feuchten Perioden nur nasse und kalte, in trockenen nur warme und regenarme Jahre vorkämen. Es ist nur ein Ueberwiegen eben solcher Jahre in den betreffenden Zeiträumen, womit wir es zu thun haben, was das Auftreten trockener Jahre mitten in einer nassen Periode und umgekehrt nicht ausschließt. Wäre es nicht so, so hätte das Ver- hältniß nicht so lange verborgen bleiben können. Unser emsiger Forscher hat aber den Stollen seiner Untersuchung noch um einen Schritt weiter vorgetrieben. Bekanntlich hängt die jeweilige Witterung von der momentanen Luftdruck- vertheilung ab. Es muß daher auch jede dauernde oder oft wiederkehrende Veränderung des Witterungscharakters durch bestimmte Veränderungen der Lustdruck- vertheilung bedingt sein. Obwohl gegenwärtig jeder Zeitungsleser daran gewöhnt