Literatur und Kunst.
Rauch und Rietschel.
1. Briefwechsel zwischen Rauch und Rietschel. Herausgegeben von Karl Eggers.
Zweiter Band. Berlin, F. Fontane. 1891.
2. Christian Daniel Rauch. Von Friedrich und Karl Eggers. Fünfter Band.
Berlin, F. Fontane. 1891.
Die von Friedrich Eggers schön begonnene, von seinem Bruder Karl Eggers liebevoll und würdig fortgesetzte Geschichte Rauch's und seiner Werke erreicht mit dem fünften Bande nun ihren Abschluß. Die eigentliche Biographie war im vierten schon beendet, im vorliegenden liefert der Verfasser einen Rückblick aus Rauch's Entwicklung: nicht eine Wiederholung schon gebrachter Thatsachen und Meinungen, sondern einen neuen Ausbau, wie er speciell ihm, der das Unternehmen ja nur weiter geführt hatte, vor den Augen steht. Es folgt ein chronologisches Verzeichniß der Arbeiten Rauch's. Daran schließt sich ein alle fünf Bände umfassendes Register. Den Schluß bilden 210 Abbildungen in Lichtdruck. Besonders wichtig sind hier die Modelle, welche die früheren Zustände von Bildwerken zeigen, die das Publicum nur in ihrer letzten definitiven Form kennt. Durchblättert man diese Tafeln, so ergeben sich die Wandlungen der Auffassung, der Uebergang des Künstlers vom antikisirenden Stile zum national-realistischen. Das Grabmal der Königin und die Victorien bilden als Mitte seiner Thätigkeit einen sanfter blühenden Garten zwischen dem härteren Wachsthume der übrigen Schöpfungen. Zu vollem Ausdrucke einer nur aus sich basirten Natur steigern sich Rauch's Arbeiten jedoch in keinem Stücke. Keines, in dem nicht der Zeit eine Concession vom Künstler gemacht worden war.
Man darf über einen Mann, der historisch so sestbegründet dasteht wie Rauch, unbefangen urtheilen. Unser Lob schenkt ihm nichts, unser Tadel nimmt ihm nichts.
Rauch erscheint weder in seiner Lebensführung noch in den Briefen liebenswürdig. Er erweckt keine Antipathie, aber auch keine Sympathie. Die Notizen seines Tagebuches verrathen nie den Ausbruch überwältigenden Ergriffenseins. Immer stehen ihm die äußeren Bedingungen seiner Existenz klar beleuchtet vor Augen. Rauch's Leben war das ruhige, sichere Ansteigen eines seiner Kraft bewußten großen Talentes. Ehren und Vortheile fielen ihm zu, die die Zeit in natürlichem Wachsthume ihm schenkte. Wie ganz anders geartet, im Charakter sowohl als in den Schicksalen, erscheint Rietschel, dessen Briefwechsel mit Rauch nun ebenfalls im abschließenden zweiten Bande vom gleichen Herausgeber dargeboten wird. Wir haben über den ersten Band seiner Zeit berichtet, der, wie gewöhnlich die ersten Theile von Korrespondenzen, lebhafter ergreift, weil er die Briese der Jugendzeit enthält, in der der Mensch den Drang fühlt, auch seine unklaren Gedanken und Gefühle dem Freunde auszusprechen, während er im Alter oft